Schwerpunkt: Projektarbeit – Teil 1

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Weltweite Projektarbeit

Medizinische Einzelfallhilfe ist nur ein Teil der Arbeit von Friedensdorf International

 

Viele Menschen verbinden mit der Arbeit des Friedensdorfes vor allem den Arbeitsbereich der Medizinischen Einzelfallhilfe. Persönlich oder medial mitzuerleben wie kranke und /oder schwerverletzte Kinder meist innerhalb kürzester Zeit in Deutschland genesen, wieder auf zwei Beinen stehen, ihre Hände und Arme benutzen, feste Nahrung zu sich nehmen können, berührt. Diese trotz ihrer Erkrankungen oft lebensbejahenden, fröhlichen Kinder beeindrucken all diejenigen, die mit ihnen auf vielfältige Art in Kontakt kommen.
Doch ist diese medizinische Einzelfallhilfe nur eine der drei Säulen der Friedensdorf-Arbeit. Neben der friedenspädagogischen Arbeit des Friedensdorf Bildungswerkes, die angesichts der aktuellen Entwicklung in der Welt zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die Friedensdorf- Projektarbeit ein wesentlicher Bestandteil des Friedensdorf Konzeptes.

Historie und Überblick

Die aktuellen Entwicklungen wie die zunehmende Anzahl von Flüchtlingen auch „vor unserer eigenen Haustür“ berühren, verunsichern und zwingen gleichzeitig zum Handeln. Es gilt dringlicher denn je die Lebensbedingungen der Menschen in ihren Herkunftsländern zu verbessern, wo besonders die Ärmsten der Armen, denen häufig keine Fluchtmöglichkeiten offenstehen, tagtäglich ums Überleben kämpfen.

Bereits in den Gründerjahren war und ist es bis heute Ziel der Friedensdorf-Projektarbeit u.a. die medizinische Infrastruktur in den Heimatländern unserer Schützlinge dahingehend zu verbessern, dass eine ausreichende Versorgung vor Ort gewährleistet ist.

Die Trennung der Kinder von ihren Familien zur medizinischen Behandlung in Europa erfolgt nur dann, wenn es im Heimatland keine Möglichkeiten auf Heilung gibt. Im Bewusstsein aller Chancen und Risiken und auch angesichts zunehmend schwieriger werdender Bedingungen der medizinischen Einzelfallhilfe in Deutschland ist dies stets die letzte Option.

In diesem Schwerpunktthema tauchen wir ein in die Historie der Friedensdorf-Projektarbeit und geben einen Überblick über die Vielfältigkeit und Besonderheiten der aktuell laufenden Projekte. Die Diversität der Projektarbeit spiegelt den unterschiedlichen Bedarf und die verschiedenen Möglichkeiten in den Friedensdorf-Partnerländern wider.

Weltweite Hilfsgütersendungen, der Bau von Basisgesundheitsstationen in Kambodscha, die Initiierung von Projekten für spezielle Operationen, Schul- und Ausbildungsprojekte teils mit friedenspädagogischem Hintergrund – all diese Projekte tragen zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen in den Heimatländern unserer Friedensdorf – Kinder bei.

Wir werden Ihnen in diesem Beitrag eine Auswahl an Hilfsprojekten vorstellen, die sich Jahr für Jahr ausweiten. Sie mögen wie ein Tropfen auf den heißen Stein wirken, können sich jedoch auf Dauer zu einem mitreißenden Fluss entwickeln. Wie das geht, zeigen die Projekte in VietNam, dem ersten Partnerland des Friedensdorfes.

Projektarbeit in Vietnam - Wie Alles begann

Bereits Anfang der 70 er Jahre beschäftigte sich die Gründergeneration des Friedensdorfes mit der Weiterentwicklung der medizinischen Hilfe im Heimatland der Kinder. Gleichzeitig mit Ankunft der ersten vietnamesischen Kinder in Oberhausen wurde überlegt wie man effizient vor Ort helfen kann ohne das einzelne Kind, das der dringend benötigten Behandlung in Deutschland bedarf, aus den Augen zu verlieren. Doch leichter gedacht als getan: Finanzielle Sorgen und Befürchtungen, dass Investitionen durch den anhaltenden Krieg zerstört werden könnten, erschwerten Planung und Umsetzung der Projekte.

Um die Reintegration der vietnamesischen Kinder, die in Deutschland behandelt wurden vorzubereiten, wurde nach einem Umbau, die 1971 gebaute Hilfsstation Mimosa in Dalat zwei Jahre später zur Kontakt- und Anlaufstelle für die Familien.

Zur Sicherstellung der Nachsorge von orthopädischen Hilfsmitteln wurde zudem ein Rehazentrum gebaut – Kinder, die in Deutschland mühsam an Prothesen laufen gelernt haben, sollten eine Möglichkeit haben, auch zukünftig in VietNam orthopädisch versorgt zu werden.

Heute gibt es in VietNam 11 große Friedensdörfer und über 100 Basisgesundheitsstationen – darunter große Kliniken und Rehabilitationseinrichtungen.

Alle Projekte stehen inzwischen auf eigenen Beinen und arbeiten unter der Zuständigkeit des vietnamesischen Staates. Von der Effektivität der Projekte konnte sich ein Friedensdorf Einsatzteam auf der Abschlussreise im Jahr 2011 überzeugen. In den Einrichtungen wurden mittlerweile auch Kinder aus Kambodscha behandelt. So konnte diesen Kindern der Flug nach Europa und die Trennung von ihren Familien erspart werden.

Bedarfsorientiert und Nachhaltig

Basisgesundheitsstationen in Kambodscha (BGS)

Das Erfolgskonzept der Basisgesundheitsstationen in Vietnam wird seit 2002 nun auch mit großem Erfolg in Kambodscha umgesetzt. Doch wie leben die Menschen in den Provinzen Kambodschas und warum brauchen sie die BGS?

Lebensumstände in den Provinzen Kambodschas – ein Blick hinter die Kulissen

Schnelle Versorgung und Hightechmedizin sind für uns in Deutschland eine Selbstverständlichkeit. Binnen weniger Minuten steht in der Regel in einer medizinischen Notfallsituation der entsprechende Notarzt vor der Tür. Rettungswagen, Rettungsboote und Hubschrauber gehören zur Grundausstattung unserer Rettungsdienste, um schnellstmöglich in jedem Terrain die häufig überlebensnotwendige Hilfe zu leisten. Somit mag es zunächst verwunderlich erscheinen, warum Friedensdorf International den Aufbau von Basisgesundheitsstationen unterstützt, die nicht einmal ein Röntgengerät besitzen.

Mit dem Blick auf die Lebensumstände der Menschen in den Provinzen Kambodschas wird dies vielleicht leichter verständlich. „Die nächste Basisgesundheitsstation ist nur 30 km entfernt“, erzählen uns die Krankenpfleger in Kambodscha. Für uns ein Katzensprung, quasi um die Ecke. Doch in den südostasiatischen Provinzen bietet sich ein völlig anderes Straßenbild: Trampelpfade, die bei Regengüssen ein Passieren unmöglich machen, Schlaglöcher in denen fast ein Kleinwagen verschwindet, Ochsenkarren, auf denen Passanten mit diversen Gütern und Tieren auf einem Holzbrett sitzen. Selbst mit Geländewagen ist man gut und gerne 2-3 Stunden unterwegs, um eine 30 km Strecke zurück zu legen – vorausgesetzt man hat keinen Platten oder die zu überquerende Brücke ist nicht weggeschwommen.

Nun stelle man sich vor, kranke, verletzte Patienten und / oder hochschwangere Frauen müssen diese nur 30 km weiten mühsamen Strecken zur nächsten Basisgesundheitsstation zurücklegen. Folglich werden viele Kinder nach wie vor zu Hause geboren mit Unterstützung älterer, erfahrener Frauen. Es gibt auch Gebiete in Kambodscha, wo sich nach alter Tradition gebärende Frauen mit den Händen an einem Ast festhalten und breitbeinig über Feuerrauch stehen. Dies soll böse Geister vertreiben, birgt jedoch erhebliche Gefahren für Mutter und Kind. Welch Gewinn ist es also, unter relativ hygienischen Bedingungen mit qualifizierten Geburtshelferinnen in einer erreichbaren Basisgesundheitsstation zu entbinden und bei Komplikationen ggfs. sogar in ein Distriktkrankenhaus vermittelt zu werden.

Eine Basisgesundheitsstation gleicht einer erweiterten Allgemeinarztpraxis und ist zuständig für bis zu 15.000 Menschen. Das Spektrum der Angebote reicht von Aufklärung, Schwangerschaftsberatungen, kleineren Operationen, Malaria und / oder Durchfallbehandlungen, Impfungen bis zur Weiterleitung an entsprechende Distriktkrankenhäuser bei schwierigeren Krankheitsbildern. Neben den hauptamtlich Verantwortlichen wird auf die Einbindung ehrenamtlicher und in den lokalen Strukturen bekannter Mitarbeiter großen Wert gelegt.
Diese bemühen sich um Gesundheitsprävention in den Dörfern. Sie vermitteln den Bewohnern die Entstehung von Krankheiten, wie man sich vor ihnen schützen und sie behandeln kann. Oftmals spielt Aberglaube und in der Folge Ausgrenzung der Kranken aus der Gemeinschaft noch eine große Rolle, sodass dadurch jegliche Form der Hilfe verhindert wird.

Friedensdorf finanziert den Bau von BGS und übergibt diese anschließend mit dem Projektpartner in die Eigenverantwortlichkeit. Für die Leistungen einer Basisgesundheitsstation gibt es für die Patienten offizielle und für jeden ersichtliche Preislisten. Mit den Einnahmen wird die Instandhaltung der Basisgesundheitsstation abgesichert. Dies richtet sich nach den örtlichen Begebenheiten und Möglichkeiten - eine Entbindung durch erfahrene Hebammen kostet beispielsweise 2,50 USD. Für mittellose Patienten gibt es Bescheinigungen, die eine kostenlose Versorgung ermöglichen. Die Impfstoffe für Impfungen der Kinder nach dem WHO Standard sind zudem grundsätzlich kostenlos. Mittlerweile gibt es 28 BGS, die 29. BGS ist gerade in Bau, im gesamten Land.

Investitionen in Bildung

Friedensdorf International unterstützt ebenfalls unterschiedliche Bildungsprojekte. 
Lesen Sie hier mehr dazu.

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