Es begann in Vietnam

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Es begann in Vietnam

Junge Kriegsopfer kommen seit 1967 ins Friedensdorf

 

Die Gründung des Friedensdorfes datiert auf den Juli des Jahres 1967. Ursprünglich wollten die Gründer*innen Kindern aus dem Nahen Osten und Israel helfen - angesichts des militärischen Konfliktes in dieser Region. Diese Hilfe musste nicht umgesetzt werden, da der Konflikt nach sechs Tagen beendet war. Doch mit Vietnam sorgte ein anderer Kriegsschauplatz für Grauen.

Der eigentliche Beginn der Geschichte des Friedensdorfes war folglich der Vietnamkrieg, der elf Jahre lang anhielt und dem unzählige Menschen zum Opfer fielen. Unvergessen sind bis heute die Bilder des Grauens, die damals erstmals die Menschen auch in unserer Region unmittelbar erreichten. Seither sind Vietnam und das Oberhausener Friedensdorf eng miteinander verbunden, auch wenn inzwischen die Einzelfallhilfe für dieses Land eingestellt werden konnte und die Projekte in diesem Land längst selbstständig funktionieren – unter vietnamesischer Regie.

Die ersten Patient*innen, die ins Friedensdorf kamen, stammten aus Vietnam (Foto oben). Es waren Kinder und Jugendliche mit schwersten Verletzungen sowie Mädchen und Jungen, die aufgrund fehlender Therapien in ihrer Heimat mit Erkrankungen wie Polio (Kinderlähmung) nach Deutschland kamen.

Der damalige Leiter des Friedensdorfes, Peter Stöbe, erinnert sich, dass es ehrenamtliche Ärzt*innen in Südvietnam waren, die Kontakte zu Behörden, Polizei und Militär knüpften, um die betroffenen Kinder zu erreichen. In Deutschland wurden zeitgleich Krankenhäuser gesucht – und gefunden – , die Betten und medizinische Leistungen kostenfrei zur Verfügung stellten, um die Kinder und Jugendlichen zu behandeln.

Start für Einzelfallhilfe und Projektarbeit

Und so kamen im Dezember 1967 die ersten Opfer des Vietnamkriegs, die mehrheitlich an den Folgen von Napalmverbrennungen litten, in Oberhausen an. Das war der Auftakt des ersten Hauptstandbeins der Friedensdorf-Arbeit, der Einzelfallhilfe. 1972 lebten 130 Kinder und Jugendliche aus Vietnam im Friedensdorf. Schon die Gründer*innen des Friedensdorfes hatten den Plan, dass die jungen Patient*innen nach ihrer medizinischen Rehabilitation wieder in ihre Heimat zurückkehren sollten.

Zur gleichen Zeit gab es bereits Projekt-Pläne vor Ort – wie die Errichtung einer Rehabilitationseinrichtung im vietnamesischen DaLat. 1973, also noch während des Krieges, wurde die Hilfsstation „Mimosa“ gebaut. Der Start der bis heute so wichtigen Projektarbeit des Friedensdorfes.

1974 kehrten die ersten Kinder und Jugendlichen, die in Deutschland erfolgreich behandelt worden waren, zu ihren Familien zurück. Es folgte 1974/75 der Bau eines großen Reha-Zentrums ebenfalls in DaLat – das Friedensdorf DaLat musste jedoch aufgrund der Kriegswirren im März 1975 evakuiert werden.

Rückkehr nach Hause unmöglich…

Mit dem Kriegsende 1975 änderte sich die Lage nicht nur in Vietnam. Das Land wurde unter nordvietnamesischer Führung wiedervereint. Für die südvietnamesischen Kinder und Jugendlichen im Friedensdorf hieß das: Rückkehr nach Hause unmöglich. Die neue Regierung in Vietnam verweigerte ihnen diese Rückkehr. Doch auch seitens des Friedensdorfes habe es Versäumnisse gegeben, räumt die heutige Leitung ein. Inzwischen, so sagen die Verantwortlichen, wisse man, dass Fehler der damaligen Leitung dafür mitverantwortlich gewesen seien. Beispielsweise habe man damals ein Rückkehrrecht vertraglich nicht abgesichert.

Und so waren etwa 100 Kinder und Jugendliche aus Vietnam in Oberhausen „gestrandet“. Ihr Status musste geklärt, ihre Zukunft geplant werden. Bis in die 1980er Jahre hinein war dies eine Hauptarbeit des Friedensdorfes.

Auch die Beziehungen zu Vietnam brachen in den ersten Jahren nach Kriegsende ab und wurden erst zehn Jahre später wieder aufgenommen.

Überparteilichkeit ist die Basis

Doch diesen Erfahrungen folgten Konsequenzen. Eine Rückführungsgarantie für die Kinder in ihre Heimatländer ist seither Bedingung für die Ausreise der Kinder zur medizinischen Behandlung nach Deutschland. Zudem ist die überparteiliche Position des Friedensdorfes unverbrüchliche Basis der Arbeit. So wird die Rückkehr der Kinder auch unter sich verändernden Regierungsverhältnissen in ihren Heimatländern nicht gefährdet.

Seitdem 1990 die ersten Friedensdorf-Projekte in Vietnam wieder eröffnet werden konnten und viele weitere Einrichtungen wie Orthopädiewerkstätten, Friedensdörfer sowie Schulen erbaut wurden, wurde die Einzelfallhilfe für Kinder und Jugendliche aus Vietnam überflüssig. Hinzu kommen mehr als 100 Basisgesundheitsstationen in Vietnam, die die medizinische Grundversorgung der Menschen sicherstellen.

Im Jahr 2011 fand die letzte Dienstreise eines Oberhausener Friedensdorf-Teams nach Vietnam statt (Foto oben).

Fazit: Stationen und Friedensdörfer leisten gute Arbeit, es gibt eine funktionierende medizinische Infrastruktur. Nicht überwunden sind jedoch die Spätfolgen des Krieges; es werden auch heute noch Kinder mit Missbildungen geboren – vermutlich Folgen des Entlaubungsgiftes „Agent Orange“, Menschen leben mit verseuchtem Wasser und kontaminierten Böden.

Verletzte oder kranke Kinder aber müssen inzwischen nicht mehr ihre Familien verlassen, um im fernen Deutschland behandelt zu werden. Das funktioniert in Vietnam inzwischen gut.

Lesen Sie hier mehr zur Projektarbeit von Friedensdorf International. 

2 Responses

  1. Brigitte Garbrecht
    | Antworten

    Hallo und zum Geburtstag ein herzliches Dankeschön an alle, die sich in den 50 Jahren eingebracht haben. Mit aktive Agierende und die vielen Spender. Wie am Friedensdorf zu sehen, funktioniert ein Generationenprojekt, denn Jung und Alt an vielen Orten der Welt haben es geschafft, Kindern eine Zukunft in Gesundheit zu geben. Globalisierung im positiven Sinn: Füreinander
    Viele liebe Begegnungen auch für die nächsten 50 Jahre.
    Aus SCHÖNSTATT grüßt Brigitte Garbrecht

  2. Ingrid Cordsen
    | Antworten

    Moin Moin aus Husum,
    ich bin dankbar und begeistert das noch heute der hilfreiche Gedanke, Kinder aus Kriegsgebieten zu retten, lebt.
    Ich war 1967 als 14 jährige Schülerin in den Sommerferien aktiv dabei, dieses Dorf in Oberhausen aufzubauen.
    Mit Hilfe vieler Erwachsener und auch die Soldaten und Soldatinnen der Britischen Rheinarmee, lernten wir zu tischlern und Treppen zu mauern. Wir konnten zum Abschluss auch die ersten verletzten Kinder aus Vietnam erleben.
    Wir, viele Mitschüler und ich, merkten schnell, wie gut und wichtig unsere Hilfe war. Wir haben viel in dieser Zeit gelernt.
    Herzliche Grüße an Alle die damals mit dabei waren von Ingrid Cordsen, geb. Pösken

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