Rückblick auf das vergangene Jahr
Friedensdorf-International blickt zurück auf das Jahr 2021, das weiterhin durch die Corona-Pandemie geprägt war. Kinder aus den Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt leiden besonders unter dieser Situation. Die medizinische Versorgung in den Haupteinsatzländern des Friedensdorfes hat sich im vergangenen Jahr weiter verschlechtert – zum Teil dramatisch.
Einzelfallhilfe
Dem Friedensdorf-Einsatzland Afghanistan wurde 2021 ein breites mediales Interesse zu teil, als die Taliban mit einer nicht vorhersehbaren Geschwindigkeit das gesamte Land und die Hauptstadt einnahmen. Die schrecklichen Bilder am Kabuler Flughafen, an dem sich Menschen aus blanker Verzweiflung an Flugzeuge klammerten, gingen um die Welt. Zu dieser Zeit befand sich ein Friedensdorf-Team vor Ort, um mit der Partnerorganisation „Afghanischer Roter Halbmond“ Kinder für eine medizinische Behandlung in Deutschland auszuwählen und die Ausreise der Kinder vorzubereiten. Die Auswahl der neuen Patientinnen und Patienten wurde durch den Machtwechsel im Land stark beeinträchtigt. Aus der deutlich geringeren Anzahl angereister Familien konnten jedoch 27 verletzte und kranke Kinder ausgewählt werden. Auch der rettende musste Charterflug kurzfristig verschoben werden. Der ursprünglich für Ende August geplante Flug wurde im November nachgeholt und so erhalten nun alle 27 Kinder ihre wichtige medizinische Behandlung.
Im Dezember verteilte Friedensdorf International zudem in Kooperation mit der afghanischen Partnerorganisation 2.000 Lebensmittelpakete an hungernde Familien, alleinerziehende Mütter, Waisenkinder, Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen im Land am Hindukusch, um während der aktuellen Hungersnot Hilfe zu leisten. „Uns lag es sehr am Herzen, die Menschen in Afghanistan zu unterstützen. Aktuell erlebt die Bevölkerung dort eine humanitäre Katastrophe sondergleichen“, betont Friedensdorf-Leiterin Birgit Stifter. Seit 1988 leistet Friedensdorf International Hilfe für Kinder in Afghanistan – damals wie heute ist diese Hilfe in Afghanistan dringend notwendig.
Unbeachtet von einer breiten medialen Aufmerksamkeit, breiten sich Not und Leid in vielen weiteren Ländern aus. Erstmalig seit Beginn der Pandemie war 2021 auch in Angola endlich wieder ein Friedensdorf-Team vor Ort, um gemeinsam mit unserer Partnerorganisation „Kimbo Liombembwa“, kranke und verletzte Kinder für eine Behandlung in Deutschland auszuwählen. Während ihres Aufenthalts erlebte das Team die weit verbreitete Armut im Land. Die angolanische Partnerorganisation berichtet ihrerseits ebenfalls von den katastrophalen Folgen der Pandemie: Demnach müssen immer mehr Hilfsorganisationen ihre Arbeit in Angola ruhen lassen. „Es ist ein Rückschritt für die medizinische Versorgung in Angola. Beispielsweise konnten Kinder mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten vor der Pandemie in Angola behandelt werden. Nun erhalten wir für diese Kinder wieder Anfragen für eine medizinische Behandlung in Deutschland. Dies macht uns sehr traurig und bezeugt die immer schlechter werdende Versorgung vor Ort“, schildert Dr. Servelina, die Ärztin unserer angolanischen Partnerorganisation.
Die Kinder gehören weltweit zu den größten Verlierern dieser Pandemie, daher war es ein wichtiger und notwendiger Schritt, die Friedensdorf-Einzelfallhilfe fortzusetzen.
Obwohl die Corona-Pandemie diese Hilfe vor zahlreiche Herausforderungen stellte, gibt es Lichtblicke: Friedensdorf-Teams konnten 2021 wieder nach Afghanistan und Angola reisen, um gemeinsam mit den Partnerorganisationen Kinder für eine medizinische Behandlung in Deutschland auszuwählen. Im Gegensatz zum Vorjahr konnten wieder schwer kranke Kinder aufgenommen werden. Insgesamt war es 2021 möglich im Rahmen der Einzelfallhilfe Kindern aus Afghanistan, Angola, Usbekistan und Tadschikistan zu helfen. Um dies zu ermöglichen, sind wir zum Teil neue Wege gegangen. Kinder aus Tadschikistan und Usbekistan, die normalerweise gemeinsam mit Kindern aus Afghanistan in einem Charterflug nach Deutschland kommen, wurden mit einem Linienflug nach Deutschland gebracht. Kinder aus den genannten Ländern sowie aus Gambia, Kambodscha und Kirgistan traten zudem ihre lang ersehnte Heimreise an.
Für die Behandlung der Kinder in Deutschland konnte Friedensdorf International mit der Eröffnung eines eigenen Medizin-Zentrums mit ambulantem Eingriffsraum eine neue Kooperation mit den Kliniken ermöglichen. Im Eingriffsraum werden Operationen, wie das Lösen von Narbenkontrakturen oder das Entfernen von Fixateuren, Metallplatten und -schrauben, durchgeführt. Große Operationen werden weiterhin stationär in Kliniken vorgenommen, da dort die entsprechende Nachsorge möglich ist.
Projektarbeit
Das Ziel unserer Projektarbeit ist es, die Lebenssituation und Gesundheitsversorgung in den Heimatländern der Friedensdorf-Kinder zu verbessern.
Im Jahr 2021 hat aufgrund der Corona-Pandemie vielerorts die Armut zugenommen und die Lebensbedingungen der Menschen verschlechterten sich. Oft fehlt es am Notwendigsten, wie Nahrung und Hygieneartikeln. Mit unserer Projektarbeit haben wir auch in diesem Jahr dazu beigetragen, diese Umstände zu verbessern. Die Lebensmittel-Hilfe für die afghanische Bevölkerung ist hierfür ebenso ein Beispiel, wie die traditionelle Paketaktion, die 2021 wieder für Menschen in Tadschikistan durchgeführt wurde. Friedensdorf International finanzierte zudem zahlreiche Operationsprojekte in Armenien, Kirgistan und Usbekistan, um Kindern eine Chance auf Heilung in ihrer Heimat zu ermöglichen. So konnten in allen drei Ländern erneut Operationen für Kinder finanziert und notwendige Medizintechnik bereitgestellt werden.
Auch die Basisgesundheitsstationen, von denen in Kambodscha bereits 39 durch das Friedensdorf finanziert wurden, verbessern die medizinische Versorgungslage vor Ort. Dank unseres kambodschanischen Partners Chau Kim Heng konnten wir 2021 weitere Projekte umsetzen. Die Versorgung von Müllsammlerfamilien mit Lebensmitteln und Hygieneprodukten oder die Einrichtung einer Corona-Impfstation in einer Basisgesundheitsstation, sind einige Beispiele dieser vertrauensvollen Zusammenarbeit.
Hier zeigt sich erneut, dass die Zusammenarbeit mit verlässlichen Partnerorganisationen ein wichtiger Bestandteil der Friedensdorf-Hilfe ist.
Friedensdorf Bildungswerk
Das Friedensdorf Bildungswerk hat das zweite Pandemiejahr genutzt, um sein Programm an die Gegebenheiten anzupassen – mit großem Erfolg. Ein Drittel der geplanten Unterrichtsstunden in der Familien- und Erwachsenenbildung konnten trotz der gegebenen Umstände durchgeführt werden. Unter Einhaltung von Hygienemaßnahmen und durch Online-Angebote konnten zahlreiche spannende Angebote zu verschiedenen Themen realisiert werden. Zum Beispiel brachte die Ausstellung „Menschlichkeit grenzenlos (er)leben“ im Museum Voswinckelshof vielen Menschen die Friedensdorf-Hilfe auf eine ansprechende und interaktive Weise näher. Die Ausstellung wurde aufgrund der Kontaktbeschränkungen länger angeboten und hat zahlreiche Besucher*innen von nah und fern angezogen. Eine weitere innovative Idee war die Konzeption einer eigenen Zeitschrift, die interessante Beiträge für Interessent*innen und Schüler*innen beinhaltet. Die erste Auflage des „Papierkranichs“ beschäftigte sich anlässlich der Bundestagswahl mit dem Thema Demokratie.
Alle Angebote des Friedensdorf Bildungswerkes erfreuten sich großer Beliebtheit. Für 2022 wird wieder ein vielfältiges Angebot an digitalen und analogen Veranstaltungen in der Familien- und Erwachsenenbildung angeboten. Das neue Programmheft ist bereits erschienen und kann hier eingesehen werden.
Spendenentwicklung
In 2021 sind die allgemeinen Spenden um 6,3% gesunken. In Zahlen ausgedrückt waren dies rund 280.000 Euro weniger als 2020. Auch bei den Bußgeldern gab es einen Rückgang von rund 31.000 Euro. Weiterhin wurden bei den Online-Spenden insgesamt 18% weniger Spenden eingezahlt als 2020.
Nach Angaben des Deutschen Spendenrates ist 2021 ein Hauptanteil der Spenden in Deutschland (78,5%) in die humanitäre Hilfe geflossen, wobei vor allem die Not- und Katastrophenhilfe einen großen Zuwachs verzeichnet hat. Dies liegt mutmaßlich an der verheerenden Flutkatastrophe im Sommer 2021, die bundesweit viel Unterstützung erfahren hat.
Auch die Hilfe von Friedensdorf International ist nur durch die Solidarität zahlreicher Menschen möglich. Uns kontaktieren regelmäßig Personen, denen die Schicksale der Friedensdorf-Kinder nahe gehen und sie berichten uns, dass sie die Lebensfreude der kleinen Patient*innen sehr berührt. In 2021 haben viele nicht nur finanziell, sondern gleichsam tatkräftig die Hilfe für Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten unterstützt. Zahlreiche Spender*innen haben uns gezeigt, dass sie hinter der Hilfe des Friedensdorfes stehen und haben uns im vergangenen Jahr erneut bestärkt, diese fortzusetzen. Ihnen allen danken wir herzlich! Für uns und alle unsere Partner*innen ist dies ein Ansporn, auch auf neuen Wegen Hilfe zu leisten.
Ein großer Dank geht wieder einmal an die „Sternstunden“, die Benefizaktion des Bayerischen Rundfunks, die auch 2021 weitestgehend die Flüge der Kinder finanziert haben. Zudem möchten wir den vielen Krankenhausträgern und ihre engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im gesamten Bundesgebiet, Österreich sowie der Schweiz für ihre Unterstützung danken. Trotz der enormen zusätzlichen Belastung durch die Corona-Pandemie konnten zahlreiche Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten im Jahr 2021 medizinisch behandelt werden.
Wir möchten uns auch bei den Krankentransportdiensten des DRK und BRK sowie der STOAG und dem Flughafen Düsseldorf bedanken, die unsere Hilfe für kranke und verletzte Kinder so verlässlich unterstützen. Ebenso bedanken wir uns herzlich bei allen Medienvertretern, die die Arbeit von Friedensdorf International engagiert, vertrauensvoll und auch kritisch begleitet haben. Den Lions Clubs gebührt ebenfalls ein großer Dank, da sie zu einem treuen Partner unserer Hilfe geworden sind.
In Zeiten wie diesen ist jedes einzelne Kind, das die Chance auf ein gesundes Leben erhält, ein hoffnungsvolles Zeichen und ein Schritt in eine bessere Zukunft. Wir danken allen Menschen, Organisationen und Institutionen, die diesen Weg gemeinsam mit uns bestreiten!
Ausblick 2022
Die humanitäre Katastrophe in Afghanistan beschäftigt uns auch 2022. Eine weitere Lebensmittelaktion für die hungernde Bevölkerung wird aktuell umgesetzt und ein Hilfseinsatz für kranke und verletzte Kinder ist bereits terminiert. Auch für die anderen Friedensdorf-Einsatzländer sind Hilfsflüge geplant. „Die Hilfe des Friedensdorfes wird leider weiterhin in vielen Teilen der Welt gebraucht, daher wollen wir auch im Jahr 2022 und darüber hinaus die Kinder in unseren Partnerländern nicht im Stich lassen“, betont Friedensdorf-Leiterin Birgit Stifter.
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