Jan Gebhardt und Franz Rudolf Steffen in der Werkstatt der Orthopädie Schuhtechnik Overlöper GmbH
Kooperation ermöglicht Anfertigung von orthopädischen Schuhen für die Friedensdorf-Kinder
Franz Rudolf Steffen aus Schermbeck ist gelernter Orthopädie-Schuhtechniker, war 29 Jahre selbständig in Oberhausen in diesem Beruf tätig und führte als Meister ein Orthopädie-Schuhfachgeschäft in zweiter Generation. Anfang 2019 übergab er seine Firma an einen Nachfolger und entschloss sich zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit in der Rehabilitations-Abteilung des Friedensdorfes.
Den ersten Kontakt zum Friedensdorf hatte Franz Rudolf Steffen bereits Ende der 80er Jahre. Ein Chefarzt des Marienhospitals in Oberhausen fragte ihn, ob er die Nachversorgung eines Friedensdorf-Kindes mit einem orthopädischen Hilfsmittel kostenfrei durchführen würde. Dieser erste Kontakt mit einem Friedensdorf-Kind beeindruckte ihn sehr und so stand er über die Jahre immer mal wieder in Kontakt mit der Reha-Abteilung des Friedensdorfes. Bei Bedarf wurden entsprechende Versorgungen für die Kinder im Bereich der Orthopädieschuhtechnik mit Maßschuhen, Einlagen und Schuhkorrekturen durchgeführt.
Seit 2012 macht er zudem mit dem Ruhrpott-Stammtisch der „BMW Z3 Freunde“ den Friedensdorf-Kindern jährlich mit einer kleinen Rundfahrt in Cabrios eine große Freude. Von dieser Gemeinschaft werden auch Spendenaktionen, beispielsweise durch den Verkauf von Ersatzteilen, für das Friedensdorf durchgeführt. Leider musste diese Aktion durch die Corona-Pandemie aussetzen.
Neben seinem Ehrenamt in der Reha-Abteilung unterstützt Franz Rudolf Steffen bei Bedarf auch den Fahrdienst mit Fahrten zu Krankenhäusern oder Arztpraxen. Seit Anfang 2021 stellt ihm die Orthopädie Schuhtechnik Overlöper GmbH in Oberhausen unentgeltlich ihre Werkstatträume zur Verfügung und dort kann er nun auch orthopädieschuhtechnische Arbeiten zur Versorgung der Friedensdorf-Kinder ausführen.
Im Interview berichten Franz Rudolf Steffen und Jan Gebhardt von dieser besonderen Kooperation und wie sie damit den Friedensdorf-Kindern helfen.
Herr Steffen, können Sie uns diese Kooperation beschreiben?
Franz Rudolf Steffen: Jan Gebhardt, der Geschäftsführer der Orthopädie Schuhtechnik Overlöper GmbH in Sterkrade, stellt mir seine Werkstatträume, die notwendigen Maschinen sowie Materialien zur Verfügung. Als gelernter Orthopädieschuhmacher-Meister kann ich dort ehrenamtlich Hilfsmittel für die Kinder des Friedendorfes anfertigen.
Wie ist die Kooperation zustande gekommen?
Franz Rudolf Steffen: Da ich neben meiner Tätigkeit in der Reha-Abteilung auch zwischendurch im Fahrdienst unterwegs bin und die Kinder zu Ärzten, in Krankenhäuser und auch zu Sanitätshäusern und Orthopädie-Werkstätten fahre, kam ich bei einem Besuch der Firma Overlöper mit Herrn Gebhardt, dessen Betrieb das Friedensdorf bereits seit vielen Jahren unterstützt, ins Gespräch. Er hat mir bei einem weiteren Besuch angeboten, in seiner Werkstatt Arbeiten für das Friedensdorf durchzuführen. Da ich immer noch sehr viel Spaß an der Arbeit in meinem eigentlichen Beruf habe und mein Ehrenamt während der Corona-Pandemie zeitweise nicht möglich war, sah ich dort eine gute Möglichkeit, mich weiterhin für das Friedensdorf und die Kinder zu engagieren.
Welche Arbeiten können Sie in der Werkstatt erledigen?
Franz Rudolf Steffen: Herr Gebhardt lässt mir großzügiger Weise alle Freiheiten bei meiner Arbeit und somit kann ich das gesamte Spektrum der orthopädieschuhtechnischen Versorgungen abdecken, welche die Werkstatt von Ihrer Ausstattung zulässt und die meinen beruflichen Fähigkeiten entsprechen.
In den Heimatländern der Kinder ist die orthopädische Versorgung oft so schlecht, dass die Familien selbst kreativ werden müssen und beispielsweise aus Flip Flops eine Schuherhöhung basteln.
Welche orthopädischen Hilfsmittel stellen Sie her und wie helfen diese den Kindern?
Franz Rudolf Steffen: Bisher habe ich orthopädische Einlagen nach Maß und Sonderanfertigung, Schuherhöhungen und entsprechende Zurichtungen wie Abrollsohlen sowie orthopädische Maßschuhe angefertigt. Des Weiteren sind im letzten jahr auch vereinzelnt Reparaturen und Änderungen der vorhandenen Versorgungen nach Operationen angefallen.
Einlagen werden oft zur Versogung nach Klumpfußoperationen, zum statischen Ausgleich bei Fehlstellungen oder als Polsterung bei Narben durch Brandverletzungen benötigt. Abrollsohlen sind bei Störungen der normalen Abrollbewegung des Fußes notwendig, zum Beispiel durch Athrosen, Gelenkversteifungen oder Amputationen. Orthopädische Maßschuhe benötigen Kinder, die beispielsweise starke Fehlstellungen durch Verletzungen, Lähmungen oder Verbrennungen erlitten haben, welche nicht mehr mit konfektionierten oder vorgefertigten semiorthopädischen Schuhen versorgt werden können.
Wieso benötigen so viele Kinder Schuherhöhungen? Was ist wichtig bei der Erstellung von Schuherhöhungen?
Franz Rudolf Steffen: Es kommen sehr viele Kinder mit Verletzungen an Ober- und Unterschenkeln sowie an den Hüftgelenken ins Friedensdorf, die in den Heimatländern teilweise nur unzureichend versorgt werden konnten. Viele Kinder haben Knochenentzündungen, die erst hier in Deutschland im Krankenhaus antibiotisch und operativ therapiert werden. Bedingt durch die Verletzungen und teilweise auch durch Schädigungen der Wachstumsfugen, bleibt das betroffene Bein im Längenwachstum zurück und es entsteht eine Beinverkürzung. Da diese Beinlängendifferenz sich auch auf die Statik des Oberkörpers und das Wachstum auswirkt, benötigen diese Kinder einen Ausgleich der Beinlänge. Diese kann man operativ durch eine Beinverlängerung oder konservativ durch eine Schuherhöhung ausgleichen. Für die Schuherhöhung verwendet man im Regelfall einen entsprechend geeigneten Konfektionsschuh, der genügend Stabilität für eine Umarbeitung bietet. Dann wird die Sohle aufgetrennt oder die Erhöhung mit besonders leichten Aufbaumaterialien unter den Schuh geklebt und ggf. auch ein Teil des Ausgleichs als Einlage – zum Beispiel bei knöchelhohen Schuhen – innen in den Schuh unter oder auf die Decksohle gearbeitet. Das Ganze wird dann mit einer neuen Laufsohle versehen oder die Original-Sohle wird wieder angebracht.
Wie könnten andere in diesem Bereich die Friedensdorf-Kinder unterstützen?
Franz Rudolf Steffen: Meine Arbeit, die ich leiste, deckt nur einen kleinen Teil des gesamten Spektrums der im Friedensdorf anfallenden orthopädischen Versorgungen ab und deshalb würde ich mich freuen, wenn sich weitere Firmen dazu bereiterklären, auf Spendenbasis Versorgungen für die Friedensdorf-Kinder vorzunehmen. Außerdem könnten ehrenamtliche Helfer*innen Kinder zu Arztterminen, zu den Hilfsmittelerbringern oder ins Krankenhaus fahren. Zur Rehabilitation werden ebenfalls Physiotherapeuten gebraucht, die das Team ehrenamtlich unterstützen. Auch mit Sachspenden wie orthopädischen Hilfsmitteln oder Verbandsmaterial kann man das Friedensdorf unterstützen.
Herr Gebhardt, welche Dienstleistungen bietet die Orthopädie Schuhtechnik Overlöper GmbH an?
Jan Gebhardt: Als Meisterbetrieb für Orthopädie-Schuhtechnik beherrschen wir das Handwerk rund um den gesunden Schuh. Neben individuellen Schuheinlagen, Schuhzurichtungen aller Art, Diabetikerversorgung, Kompressionsstrumpfversorgung, Anfertigung von Maßschuhen und Bandagen können wir auch einen passenden Konfektionsbequemschuh aus unserer Kollektion, zum Beispiel für lose Einlagen, anbieten. Bei jeder Versorgung bieten wir eine umfassende und individuelle Beratung an.
Wie sind Sie auf das Friedensdorf aufmerksam geworden?
Jan Gebhardt: 2006 übernahm ich die Firma vom damaligen Inhaber Heinz-Josef Overlöper. Herr Overlöper arbeitete bereits schon seit vielen Jahren ehrenamtlich für das Friedensdorf und versorgte die Kinder im Bereich der Orthopädieschuhtechnik. Bei der Übernahme des Geschäftes stand außer Frage, dass auch ich diese Tätigkeiten weiter fortsetzen möchte.
Wie kam die Kooperation mit Herrn Steffen zustande?
Jan Gebhardt: Als angesehener Kollege in der Orthopädieschuhtechnik war mir Herr Steffen seit Jahren bekannt. Durch sein Ehrenamt im Fahrdienst und unserer bisherigen jahrelangen Kooperation mit dem Friedensdorf, durften wir uns auch persönlich kennenlernen. Daraus entstand eine, für uns optimale und lösungsorientierte Zusammenarbeit. Wir freuen uns sehr, dass wir – im Sinne der kranken und verletzten Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten – eine so wunderbare Zusammenarbeit erreichen konnten.
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