Friedensdorf beendet 71. Angola-Hilfseinsatz

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42 genesene Mädchen und Jungen kehrten nach Monaten der Behandlung in Deutschland zu ihren Familien zurück.
Hier steigen sie in Luanda aus dem Charterflugzeug des Friedensdorfes.

Warum die medizinische Hilfe in Angola weiterhin notwendig ist

Seit geraumer Zeit war die erste Oktoberwoche im Kalender des Friedensdorfes markiert, denn vom 4. bis zum 6. Oktober sollte der alljährliche Angola-Hilfseinsatz stattfinden. Mittlerweile war es das 71. Mal, dass das Friedensdorf Kinder aus dem südwestafrikanischen Land für eine medizinische Behandlung nach Deutschland holt. Am 4. Oktober konnten im Rahmen des Hilfseinsatzes 42 angolanische Kinder mit einem Charterflugzeug des Friedensdorfes ihre sehnlichst erwartete Heimreise antreten. Nach Monaten der Behandlung wurden sie in Luanda, der Hauptstadt Angolas, freudig von ihren Familien erwartet. Im gleichen Zuge bereiteten sich 43 kranke und verletzte Mädchen und Jungen auf ihre Ausreise vor. Am 6. Oktober landeten sie mit der Friedensdorf-Chartermaschine am Düsseldorfer Flughafen. Bereits eine Woche vor dem Charterflug, am 26. September, brach ein dreiköpfiges Friedensdorf-Team auf, um gemeinsam mit der Partnerorganisation „Kimbo Liombembwa“ in Luanda die verletzten und kranken Kinder für den Charter-Flug in der ersten Oktoberwoche auszuwählen. Mit den Eindrücken der Vorbereitungswoche in Luanda wurde für das Friedensdorf einmal mehr deutlich: Die medizinische Hilfe in Angola ist auch nach 28 Jahren noch immer unerlässlich.

Medizinische Versorgung in Angola noch immer unzureichend

1994 fand für das Friedensdorf der erste Hilfseinsatz in Angola statt. Damals befand sich das Land inmitten eines Bürgerkrieges. Im Jahr 1961 begannen bewaffnete Auseinandersetzungen um die Unabhängigkeit von Portugal, die 1975 erlangt wurde. Auf die Unabhängigkeit Angolas folgte ein fast 30 Jahre andauernder Bürgerkrieg (1975-2002), von dem sich das Land bis heute nicht erholt hat. Zwar verzeichnet Angola seit Ende des Bürgerkrieges wegen seiner vielfältigen Bodenschätze ein enormes Wirtschaftswachstum, doch leider profitiert davon nicht die angolanische Bevölkerung, sondern vor allem ausländische Unternehmen. Dies zeigt sich auch im Stadtbild Luandas: Während im einen Teil der Stadt riesige Wolkenkratzer in die Luft ragen, erstreckt sich über den weit größeren Teil ein Meer von Wellblechhütten. Die vorherrschende Armut wird auch in Angola durch den Ukrainekrieg verstärkt: Die Lebensmittelpreise, die ohnehin schon hoch waren in Luanda, schnellen in die Höhe.

Die gesundheitliche Versorgungslage ist nach wie vor katastrophal: Die medizinische Infrastruktur in staatlichen Krankenhäusern ist meist veraltet. Zudem herrscht Personalmangel. Die Behandlungskosten in einer gut ausgestatteten Privatklinik in Luanda kann der Großteil der Bevölkerung nicht aufbringen. Außerhalb Luandas ist die medizinische Versorgung nach wie vor schlecht, in manchen ländlichen Gebieten ist sie kaum vorhanden. Die wenigen Angolaner, die es sich leisten können, reisen für kompliziertere Eingriffe und Behandlungen in Länder mit einer besseren medizinischen Versorgung; nach Namibia, Südafrika oder nach Spanien oder Portugal. Wenn medizinische Behandlungen in Angola selbst möglich sind, dann nur in Luanda. Für viele Familien ist jedoch allein der Weg in die Hauptstadt finanziell nicht tragbar. Hinzu kommt, dass man aufgrund maroder Straßen beispielsweise aus den südlichen Provinzen des Landes bis zu 20 Stunden benötigt, um Luanda zu erreichen.

Kindervorstellungen spiegeln Versorgungslage wider

Trotz dieses Problems möchte das Friedensdorf natürlich auch Kindern aus weit entfernten Provinzen eine medizinische Behandlung in Deutschland ermöglichen. Mit Hilfe seines Partners, mit dem das Friedensdorf seit über zwanzig Jahren zusammenarbeitet, wird dies möglich gemacht: „Kimbo Liombembwa“ arbeitet nicht nur lokal in Luanda, sondern setzt in den Provinzen sogenannte Provinzvertreter ein, die die Kinder für die Kindervorstellungen gebündelt nach Luanda und auch wieder zurück in ihre Dörfer bringen. „Schon einige Monate bevor das Friedensdorf-Team in Luanda eintrifft, fahren wir in die Provinzen und schauen uns Kinder an, die dringend auf eine medizinische Behandlung angewiesen sind“, erzählt Servelina, Kinderärztin und langjährige Mitarbeiterin der Partnerorganisation. „Wir würden gerne viele Kinder hier in Angola behandeln lassen. Aber das ist leider nicht möglich. Gerade in den ländlichen Provinzen ist keine medizinische Versorgung gegeben. Wir können dort nichts tun.“ Aus diesem Grund kommen viele Kinder aus den angolanischen Provinzen zu den Kindervorstellungen in das einzige offizielle Kinderkrankenhaus in Luanda, in dem die Partnerorganisation seine Räumlichkeiten hat: Aus Benguela, Bié, Huíla, Huambo, Cunene, oder aus Cuanza Sul.

Die angolanische Ärztin Sandra sichtet gemeinsam ihrer Kollegin Servelina und mit dem Friedensdorf-Team die Verletzungen der Kinder.

Der Großteil von ihnen leidet unter urologischen Problemen oder schweren orthopädischen Fehlstellungen, die ihre Lebensqualität massiv einschränken. Besonders Urethrastenose, eine Verengung der Harnröhre, ist unter den Kindern verbreitet. Dass sich dem Friedensdorf-Team viele Kinder mit urologischen Fehlbildungen vorstellen, überrascht Mitarbeiterin Birgit Hellmuth nicht: „Urologisches Material ist in Angola nur schwer zu bekommen. Es gibt kaum medizinische Gerätschaften, erst recht nicht für kleine Kinder. Eltern und Familien kaufen benötigtes Material in privaten Krankenhäusern oder bitten Verwandte aus dem Ausland, es für sie zu besorgen.“ In der Woche der Kindervorstellungen begutachtet das Friedensdorf-Team über hundert Kinder. Auf 43 angolanische Mädchen und Jungen wartet nach ihrer Ankunft in Deutschland eine medizinische Behandlung. Einige der angolanischen Neuankömmlinge werden im neuen Eingriffsraum von ehrenamtlichen Ärzt*innen operiert und ersparen sich so den Weg in eine der bundesweiten Kliniken.

 

Elias kam vor 10 Jahren zur medizinischen Behandlung seines Kiefers nach Deutschland. Heute arbeitet er als Schneider in Luanda.

 

Ehemalige Friedensdorf-Schützlinge geben Hoffnung

Während seines Aufenthaltes in Luanda traf das Friedensdorf-Team auch auf ehemalige Schützlinge der Friedensdorf-Hilfe. Destino hat aus dem Internet vom Aufenthalt des Teams in Angola erfahren. Er war 2002 und von 2003 bis 2004 in der Obhut des Friedensdorfes. Er litt unter Klumpfüßen und musste ein zweites Mal für die Behandlung einer Knochenentzündung nach Deutschland. An seine Zeit im „Dorf“ erinnert sich der heute 25-jährige gerne zurück: „Es gab so viel Neues zu entdecken. Ich erinnere mich, dass ich anfangs etwas skeptisch war. So viele neue Kinder, so viele neue Namen. Ich dachte, die werde ich mir niemals merken können. Doch es hat geklappt, ich habe mich schnell eingelebt. Mir hat es sehr gut gefallen. Dass ich heute gesund bin, dafür bin ich dankbar.“ Destino ist einer von vielen ehemaligen Schützlingen, den das Hilfseinsatz-Team wiedertrifft. Viele der ehemaligen Kinder des Friedensdorfes, so auch Destino, studieren oder haben studiert und können sich ein Leben in der teuren Stadt Luanda leisten. Die Berichte der ehemaligen Friedensdorf-Kinder wie Destino, Elias oder Ibraim zeigen, dass es sich lohnt, die dringend benötigte Hilfe in Angola fortzuführen.

Das Friedensdorf dankt herzlichen den Unterstützerinnen und Unterstützern, durch die dieser Hilfseinsatz möglich gemacht wurde. Die Kosten für den Charterflug wurden auch dieses Mal von „Sternstunden e.V.“, der Benefizaktion des Bayerischen Rundfunks, getragen. Ein großer Dank gilt zudem den Oberhausener Verkehrsbetrieben STOAG und dem Düsseldorfer Flughafen sowie beim DRK und BRK.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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