Lebensmittel helfen bedürftigen Familien über den Winter

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Die kleine Tahmina ist stolz auf das, was sie gemeinsam mit ihrer Mutter (2.v.l.) und dem Physioprojekt erreicht hat: Sie kann mit Unterstützung einer Gehhilfe laufen.

 

Frauen aus dem Physiotherapie-Projekt brauchen sie dringend

Hilfe wird gepackt. Auch wenn das Friedensdorf seine alljährliche Bürgerpaketaktion unter gleichem Namen in diesem Jahr nicht wie üblich durchführen konnte, sollte die Devise dennoch bestehen bleiben: Hilfe packen – für Alleinerziehende und bedürftige Familien in Tadschikistan. Im Angesicht immens gestiegener Logistikkosten suchte das Friedensdorf mit seiner Partnerorganisation „Dechkadai Sulh Derewnja Mira“ eine Alternativlösung, denn die Lebensmittel sind extrem wichtig für die Menschen. Diese Lösung war schnell gefunden: Die Winterhilfe wird in diesem Jahr direkt vor Ort, durch den tadschikischen Partner organisiert. Dazu hat das Friedensdorf Grundnahrungsmittel finanziert, die in den letzten Wochen in Tadschikistan eingekauft und verpackt wurden. Die Verteilung der Lebensmittel durch die Partnerorganisation ist nun in vollem Gange. Friedensdorf-Mitarbeiterin Claudia Peppmüller war im Oktober in Tadschikistan beim Einkauf und bei der Erstverteilung dabei.

 

Lebensmitteleinkauf erfolgt regional

Die Aufstellung der Lebensmittel erfolgte für verschiedene Regionen in Tadschikistan, auch für die abgelegenen Bergregionen des Landes. Eingekauft wurden die Grundnahrungsmittel wie Nudeln, Zucker, Mehl, Öl und Tee regional. Eine Ausnahme bildete hierbei die gebirgige Pamir-Region, in der es keinen „Großhandel“ gibt. „Ein besonderes Anliegen aller war zusätzlich der Einkauf von Seife, da vor allem Alleinerziehenden oder Familien mit Kindern mit körperlicher und geistiger Behinderung jegliche Pflegemittel, wie zum Beispiel Windeln oder Wickelunterlagen, fehlen“, erzählt Claudia Peppmüller. In Duschnabe, an der usbekischen Grenze sowie in Jaihun, nahe der Grenze zu Afghanistan, sind die Pakete mit Grundnahrungsmitteln bereits verteilt worden. Im dörflichen Jaihun sowie in Kurgan-Tjube partizipierten auch ehemalige Friedensdorf-Schützlinge an den Lebensmitteln.

 

Winterhilfe vorrangig für Alleinerziehende mit behinderten Kindern

Friedensdorf-Partner Safar Yorov weiß um die Bedeutung der Winterhilfe für tadschikische Familien: „Erstmal waren wir alle traurig, dass die traditionelle Paketaktion nicht stattfinden kann. Die Familien hier brauchen die Unterstützung dringend. Ich denke da, um es anschaulich zu machen, an die alleinerziehende Nigina. Sie hat in den letzten Jahren die alljährliche Bürgerhilfe erhalten. Sie lebt mit ihren zwei körperlich behinderten Kindern in einer Einzimmerwohnung und kann keiner geregelten Arbeit nachgehen. Sie profitieren enorm von der Hilfe. Deshalb waren wir glücklich, dass das Friedensdorf uns die Möglichkeit gegeben hat, regional einzukaufen.“ Safar könnte noch viele ähnliche Beispiele nennen, da er, gemeinsam mit der Ärztin Rokshona, Krankenschwester Sarina und Masseurin Mavluda, täglich über das vom Friedensdorf unterstützte Physiotherapie-Projekt in Duschanbe mit der Lebenssituation vieler Frauen konfrontiert wird und ihre Schicksale hautnah mitbekommt. Da ist beispielsweise Dinora, die sich seit mehreren Jahren alleine um ihren geistig und körperlich behinderten Sohn Aziz kümmern muss. In ihrer kleinen Unterkunft verfügt sie über kein eigenes Badezimmer. Sie teilt sich ein Bad mit vielen anderen Familien. Eine Matratze als Schlafmöglichkeit, ein kleiner Fernseher, ein Sessel und ein paar Decken. Das sind alle Habseligkeiten, die in Dinoras Einzimmerwohnung zu finden sind. Sie kann keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, da sich niemand um Aziz kümmern kann außer sie selbst. Die Winterhilfe sichert ihr und Aziz das Überleben für mindestens einen Monat. Elementar ist die Winterhilfe auch für die Frauen, die sich allein um mehrere behinderte Kinder kümmern müssen. Oder für diejenigen, die mit drei verschiedenen Jobs versuchen, sich und ihre Familie über Wasser zu halten.

 

Physiotherapie-Projekt stärkt die Familien nachhaltig

Frauen wie Dinora bauen auf diese Hilfe. Und sie bauen auf das Physiotherapie-Projekt, in dessen Rahmen sie und ihre Kinder zum Teil jahrelang unterstützt werden. 2016 hatte das Friedensdorf das Projektgebäude in Duschanbe finanziert. Das Physio-trio um Ärztin Rokshona, Krankenschwester Sarina und Masseurin Mavluda, das dort arbeitet und auch Hausbesuche bei den Familien vornimmt, kümmert sich hingebungsvoll um die Kinder. „Den Frauen liegt sehr viel daran, dass die Mütter mit einbezogen werden und lernen, wie sie ihre behinderten Kinder physisch und psychisch fördern können“, beschreibt Claudia Peppmüller die wichtige Arbeit des starken Frauen-Teams. „Sie therapieren, sie kochen, sie machen alles, was nötig ist, um die Familien hier zu unterstützen. Es ist bewegend zu sehen, dass sie die Kinder um keinen Preis im Stich lassen.“ Krankenschwester Sarina nickt bei diesen Worten und fügt hinzu: „Das sind unsere Leute, unsere Kinder. Wir sind stolz, dass wir helfen können.“ Gestärkt wird der Wille kein Kind aufzugeben immer wieder durch Erfolgserlebnisse: So kann die kleine Tahmina nach Jahren der Physiotherapie laufen. Ihre Mutter ist sehr stolz auf das, was sie gemeinsam erreicht haben.

 

Weitere Hilfe in Tadschikistan dringend notwendig

Seit 2007 unterstützt das Friedensdorf mit seiner Bürgerpaketaktion die Menschen in Tadschikistan. Friedensdorf-Leiterin Birgit Stifter betont: „Auch wenn sich die Rahmenbedingungen geändert haben, es ist uns nach wie vor eine Herzensangelegenheit, diese Familien nicht im Stich zu lassen. Nicht nur das Physiotherapie-Projekt soll fortgeführt werden, wir wollen auch mit Lebensmitteln für den Winter weiterhin in Tadschikistan helfen.“

 

Hintergrund zu Tadschikistan:

Der Großteil der tadschikischen Bevölkerung lebt in ländlichen Regionen des Landes und ist bitterarm. Etwa 80 Prozent der Bevölkerung geht keiner geregelten Erwerbstätigkeit nach. Das durchschnittliche Grundeinkommen beträgt monatlich etwa 45 Euro. Die Mehrzahl der Tadschiken lebt von Landwirtschaft, die noch mit den eigenen Händen betrieben wird. Dabei gilt es Jahr für Jahr, genug zu erwirtschaften und ausreichend Lebensmittel einzulagern, um über den Winter zu kommen. Es gibt jedoch viele Familien in Tadschikistan, für die dies unmöglich ist. In Tadschikistan gibt es sehr viele Familien, deren Kinder geistige oder körperliche Behinderungen haben. Die hohe Anzahl an körperlich behinderten Kindern ist vor allem auf schwierige Geburten zurückzuführen. Weil nicht wenige Väter ihre Familie nach der Geburt eines behinderten Kindes verlassen, bleiben viele Frauen auf sich gestellt und sind allein mit der Versorgung eines oder mehrerer behinderten Kinder.

Vor allem Alleinerziehende und ihre Kinder mit körperlichen sowie geistigen Behinderungen profitieren von der Lebensmittelhilfe.

 

 

 

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