Almut Klaiber absolviert ein Freiwilliges Soziales Jahr im Friedensdorf. Die empathische junge Frau hat immer ein Lächeln für ihre Umgebung übrig. Seien es unsere Schützlinge, die Mitglieder von Besuchergruppen, oder Kolleg*innen, die ihren Weg kreuzen. Almut scheint die Idealbesetzung für diesen verantwortungsvollen “Job” zu sein: freundlich, verbindlich, offenherzig und stets bereit, im Bedarfsfall mit anzupacken. Doch sieht sie sich selber auch als echten “Match” – als “Volltreffer”? Im Interview gibt die junge Frau uns interessante Antworten.
- Erzähl doch bitte ein bisschen von Dir – über deine Heimat, deine Hobbys und so weiter!
Almut: Ich bin 19 Jahre alt, komme aus Stuttgart und habe dort vor zwei Jahren mein Abi gemacht. In der Schule habe ich mich immer sehr für Deutsch, Politik, Kunst und Bio interessiert, in meiner Freizeit war ich gerne draußen, unter Menschen, hab Volleyball gespielt und fotografiert. Ich wusste überhaupt nicht, wie es nach der Schule für mich weitergehen soll, es war nur immer klar, ich möchte erstmal was anderes machen, vor einer Ausbildung oder einem Studium. Dann habe ich mir ein Jahr Zeit genommen, war reisen, arbeiten und habe in verschiedene Bereiche reingeschnuppert. Es war eine sehr schöne Zeit, aber wie es weiter gehen sollte, wusste ich trotzdem nicht so richtig …
- Wie bist Du aufs Friedensdorf aufmerksam geworden?
Almut: Über die Seite vom Bundesamt für zivilgesellschaftliche Aufgaben. Da gab es eine ziemlich große Auswahl an FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) und BFD (Bundesfreiwilligendienst) Angeboten und man konnte auch direkt sehen, ob es vor Ort eine Unterkunftsmöglichkeit gibt, was für mich ein wichtiges Kriterium war, weil ich Lust hatte, in einer anderen Ecke Deutschlands zu leben und deshalb auf eine mögliche Unterbringung angewiesen war.
- Welche Gefühle dominierten in den ersten Tagen und Wochen im Umgang mit den Kindern?
Almut: Am Anfang, muss ich sagen, war ich total überfordert. So viele neue Gesichter und Namen auf einmal und dann generell eine völlig neue Wohn- und Arbeitssituation, das war schon viel auf einen Schlag. Und man sieht natürlich auch Verletzungen und Krankheiten, mit denen man davor überhaupt keine Berührungspunkte hat. Aber sobald man die Kinder besser kennenlernt und natürlich auch umgekehrt, blendet man das aus. Es geht vielmehr darum, was ist das für ein Kind und wie verhält es sich oder wie gehe ich mit ihm um. Es gibt wirklich wunderbare Charaktere im Friedensdorf!
Von den Mitarbeitern wird man auch an die Hand genommen am Anfang, niemand erwartet, dass du alles direkt kannst, weißt oder richtig machst. Und der Austausch mit den anderen Freiwilligen ist Gold wert. Vor allem wenn Leute schon länger da sind und von ihren Erfahrungen erzählen können, das nimmt so ein bisschen die Aufregung.
- Was fällt Dir bei deiner Tätigkeit leicht, was kommt dir eher schwierig vor?
Almut: Spielen oder alle möglichen anderen Beschäftigungen mit den Kindern sowas ist total toll und mühelos. Da muss man nicht groß irgendwas vorbereiten oder sich Gedanken machen, weil die besten Ideen von den Kindern selbst kommen. Die wissen meistens schon ganz gut, was sie machen, malen, basteln oder bauen wollen und was nicht. Da kann man sich dann immer gut drauf einlassen, wenn die Zeit das gerade ermöglicht. Was manchmal noch ein bisschen schwierig sein kann und vor allem am Anfang eine große Herausforderung war: sich durchzusetzen bei den Kindern. Die testen natürlich bei einer neuen Person erstmal alle Grenzen und schauen, wie weit sie gehen können. Aber man muss dann schon schauen und den Kindern zeigen: ich bin hier die Autoritätsperson, auch wenn wir zusammen spielen können. Das braucht ein bisschen Zeit. Umso schöner ist dann aber zu sehen, wenn das irgendwann viel einfacher und besser funktioniert.
- Gab es ein Ereignis, das dich besonders tief beeindruckt hat?
Almut: Ich denke, solche Ereignisse gibt es jeden Tag. Extrem beeindruckend ist immer wieder, mit welcher Leichtigkeit die Kinder mit ihren Schicksalen und Verletzungen umgehen. Wenn sie aus dem Krankenhaus zurückkommen und teilweise schwere Operationen oder Eingriffe hinter sich haben und trotzdem mit glühenden Augen von ihrem Aufenthalt erzählen. Manchmal vergisst man, wie stark diese Kinder sind und was sie alles durchmachen müssen. Alleine schon die Situation, ohne Eltern in einem fremden Land zu sein.
Meine Lieblingsmomente sind aber, glaube ich, immer die, wenn man einfach mit den Kindern quatscht und sie Geschichten erzählen oder man über Dinge spricht die im Dorf passieren, den Alltag oder Wünsche für die Zukunft, einfach alles. In solchen Momenten ist man sich besonders nah. Und ich glaube, da hat man als FSJler dann auch nochmal einen anderen Zugang, weil man selber noch so ein bisschen mehr Kind ist in gewisser Weise.
- Welche Fähigkeiten muss man haben, um im Heimbetrieb des Friedensdorfes arbeiten zu können?
Almut: Offenheit und Neugierde sind nie falsch, denke ich. Ansonsten hatte ich ja vorhin schon von einem gewissen Durchsetzungsvermögen gesprochen, das sicherlich von Nutzen ist, aber sowas erlernt man auch schnell. Sonst natürlich Freude an der Arbeit und dem Umgang mit Kindern. Und um wirklich herauszufinden, ob einem ein Freiwilligendienst im Friedensdorf liegt und gefällt, muss man es einfach ausprobieren. Deswegen sind die zwei Hospitationstage auch sehr sinnvoll, da kriegt man schonmal ein bisschen ein Gefühl für das Ganze.
- Wie gehen die Kinder im Dorf miteinander um – gibt’s Unterschiede zu deutschen Kindern?
Almut: Kinder sind ja erstmal immer Kinder. Es gibt so wie überall welche, die sich gut untereinander verstehen und andere, die weniger gut miteinander auskommen. Ich war allerdings total überrascht davon, dass es bei so vielen Kindern aus den unterschiedlichsten Herkunftsländern trotzdem eine so starke Gemeinschaft und einen engen Zusammenhalt gibt. Da verbindet natürlich der gemeinsame Alltag im Dorf und die Situation, in der sie sich befinden.
Die Größeren übernehmen oft viel Verantwortung für die Kleineren und kümmern sich total süß umeinander. Das kennen manche schon, wenn sie sich auch zuhause um jüngere Geschwister kümmern oder die Eltern unterstützen. Also da merkt man dann schon, dass sie anders aufgewachsen sind als vielleicht ein deutsches Kind, neben natürlich kulturellen und religiösen Aspekten. Aber es gibt auch viele Dinge, die überall gleich sind: Alle haben gern die meisten Murmeln oder das beste Spielzeug, egal ob afghanisch, angolanisch oder deutsch.. und niemand räumt gerne sein Zimmer auf..
- Was unternimmst Du in deiner Freizeit, gibt’s genügend Angebote in der näheren Umgebung?
Almut: Durch die Schichtarbeit ist es ein bisschen schwierig, einem regelmäßigen Hobby im Verein nachzugehen, das ist tatsächlich schade. Aber wir unternehmen viel zusammen als Freiwillige; wenn wir zusammen frei haben, fahren wir in andere Städte, schauen uns neue Sachen an, gehen mal essen oder ins Kino, da gibt es schon Möglichkeiten. Und mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln hat man das wichtigste in der Nähe. Ich geh gerne viel Spazieren oder in die Bücherei.
- Musstest Du schonmal eine „Krisensituation“ lösen, einen schlimmen Streit schlichten oder etwas Ähnliches?
Almut: Ja natürlich, sowas kommt vor. Abert man lernt schnell, damit umzugehen und wie man mit welchem Kind in so einer Situation dann am besten spricht. Doch man ist da ja auch nicht auf sich alleine gestellt, es gibt immer noch andere Kollegen oder Freiwillige oder größere Kinder, die man dazu holen kann, falls einen die Situation überfordert.
- Welche Empfehlung gibst Du Interessierten, die ein Freiwilliges Soziales Jahr oder ein Praktikum im Friedensdorf machen möchten?
Almut: Unbedingt machen!! Und wenn man die Zeit mitbringt, dann am besten für ein ganzes Jahr. Mein FSJ endet schon bald und ich bin total traurig und würde am liebsten noch viel länger bleiben. Man lernt so unfassbar viel, nicht nur über sich selbst sondern auch fürs Leben und macht wirklich wertvolle Erfahrungen, die man so vielleicht nur im Friedensdorf machen kann. Das merkt man auch total bei allen Mitarbeitern und Kollegen, das ist eben nicht nur einfach ein Job, sondern geht noch weit darüber hinaus, weil in der ganzen Arbeit so viel Herzblut und Liebe zu den Kindern steckt. Ich werde auch auf jeden Fall den Kontakt halten und versuchen zu den Einsätzen zu kommen oder mal so zu Besuch. Und Krankenhausbetreuung gibt es ja auch in vielen Städten.
Ich glaube, wer einmal im Friedensdorf gearbeitet hat, der schafft es nicht mehr so ganz, sich davon zu lösen.
- Was ist dein absoluter Traumberuf?
Almut: Den habe ich wohl noch nicht gefunden. Immer das, was ich gerade mache, gefällt mir am allerbesten.
Momentan möchte ich vielleicht in Richtung Journalismus gehen, bin aber sehr offen für alle möglichen Wege, die sich vielleicht noch ergeben und kann mir sehr gut vorstellen, auch in Zukunft im sozialen Bereich zu arbeiten.
Danke für das nette Gespräch – und alles Gute, liebe Almut!