Statistischer Rückblick 2022
Einzelfallhilfe
Bei den Kindervorstellungen im Februar 2022 in Kabul wurde schnell deutlich, dass sich die ohnehin katastrophale medizinische Versorgungslage in Afghanistan weiter zugespitzt hat. An den Tagen der Kindervorstellungen stellten sich dem Friedensdorf-Team über zweitausend Familien mit ihren Kindern vor, die mitunter schwer verletzt waren. Im März 2022 konnte dann mit dem Charterflug eine große Gruppe mit 89 schwer verletzten und kranken Kindern nach Deutschland ausgeflogen werden. Im Gegenzug konnten 19 genesene Mädchen und Jungen ihre lang ersehnte Heimreise antreten und ihre Familien wieder in die Arme schließen. Im August 2022 stellte sich unter anderem eine Gruppe von 50 Kindern, die bereits im Frühjahr zu den Kindervorstellungen erschienen war, erneut in Kabul vor, um für den nächsten Hilfsflug im November vorbereitet zu werden. Die medizinische Situation hatte sich in wenigen Monaten noch weiter verschlechtert. Im November 2022 konnte die Gruppe, insgesamt 54 Kinder, im Rahmen des 88. Afghanistan-Hilfseinsatzes für eine dringend benötigte Behandlung mit einem Charterflug nach Deutschland geflogen werden. Im Gegenzug wurden mit derselben Chartermaschine 69 Kinder zurück zu ihren Familien gebracht.
Medizin-Zentrum in Oberhausen
Mit dem Bau des Medizin-Zentrums (2020/2021), das die Reha-Abteilung sowie einen ambulanten Eingriffsraum für ambulante Operationen enthält, ist für die Einzelfallhilfe in Deutschland ein wichtiger Schritt in die Zukunft gesetzt worden.
Projektarbeit
Im krisengeschüttelten Afghanistan konnten wir in 2022 besonders viele neue Projekte realisieren. Nach dem Machtwechsel und den damit verbundenen westlichen Sanktionen gegen das Land ist die medizinische und humanitäre Versorgungslage katastrophal. Neben medizinischen Hilfsgütern konnten wir im vergangenen Jahr drei Brunnen in den Sozialprojekten „Marastoon“ in Jalalabad, Kunduz und Kabul bauen sowie fünf Lebensmittelaktionen im ganzen Land durchführen. Zudem konnten wir vier Emergency Health Kits zur Verfügung stellen und dank eines anonymen Spenders Schulmaterialien für die Bayat Mashal Schule in Kabul ermöglichen.
Friedensdorf International finanziert fortwährend zahlreiche Operationsprojekte in Armenien, Kirgistan und Usbekistan, um Kindern eine Chance auf Heilung in ihrer Heimat zu ermöglichen. So konnten in allen drei Ländern erneut Operationen für Kinder finanziert und notwendige Medizintechnik bereitgestellt werden.
Auch die Basisgesundheitsstationen, von denen in Kambodscha bereits 41 durch das Friedensdorf finanziert wurden, verbessern die medizinische Versorgungslage vor Ort. In der 41. Basisgesundheitsstation entstand erstmals neben dem Hauptgebäude ein separater Entbindungstrakt. So können Neugeborene und Mütter besser vor Infektionskrankheiten geschützt werden. Zukünftig sollen alle BGS, die neu erbaut werden, diesem Konzept folgen. Friedensdorf International kam dem Wunsch der Partnerorganisation nach, das Konzept auch in Toul Snoul umzusetzen.
Friedensdorf Bildungswerk
Erfolgreich stellte sich das Bildungswerk in diesem Jahr dem vierten Rezertifizierungsprozess durch PQ-Sys® und erreichte mit 100 % alle vorgegebenen Qualitätsmerkmale. Mit diesem Qualitätssiegel zeigt das Bildungswerk nicht nur nach außen, dass es sich in stetiger Auseinandersetzung mit seinen Strukturen und Prozessen befindet, sondern erfüllt damit auch die gesetzlichen Vorgaben einer anerkannten Familienbildungsstätte, die durch das Land NRW finanziell gefördert wird.
Des Weiteren freute sich das Team vom Bildungswerk über 49 Seminargruppen, die sich größtenteils in der Begegnungsstätte in Oberhausen ein Bild von der Arbeit des Friedensdorfes machen konnten. Auch die Unterrichtsstunden in der Familien- und Erwachsenenbildung erfreuten sich mit über 1.000 Teilnehmenden großer Beliebtheit.
Der friedenspädagogische Auftrag des Bildungswerkes konnte in 2022 durch viele Aktionen und Projekte verwirklicht werden. Gemeinsam mit dem Kommunalen Integrationszentrum Kreis Wesel, der Stadt Dinslaken und Integralis e.V. hat das Bildungswerk ein Friedenstauben-Projekt auf die Beine gestellt. Über 700 bemalte Holztauben wurden u.a. von Familienzentren, Grund- und Berufsschulen, Gymnasien und Senioreinrichtungen bemalt und als sichtbares Zeichen für Frieden, Zusammenhalt und Vielfalt in sämtlichen Kreisverkehren in Dinslaken aufgestellt.
Spendenentwicklung
Trotz Energiekrise und Inflation sind die Spenderinnen und Spender dem Friedensdorf treu geblieben. In 2022 sind die allgemeinen Spenden um 10,81 Prozent gestiegen. In Zahlen ausgedrückt waren dies rund 453.010 Euro mehr als in 2021. Auch im Online-Bereich konnten wir einen Zuwachs verzeichnen: Bei den Online-Spenden gab es insgesamt 20 Prozent mehr Spendeneinzahlungen als 2021. Die Hilfe des Friedensdorfes ist nur durch die Solidarität zahlreicher Menschen möglich. „Dank unserer Unterstützerinnen und Unterstützer konnten wir im Rahmen unserer Einzelfallhilfe über 260 Kindern eine medizinische Versorgung in Deutschland ermöglichen. Zusätzlich konnten wir auch unsere Projektarbeit gemeinsam mit unseren Partnern stabilisieren oder ausbauen und dadurch die Lebenssituation tausender Kinder verbessern“, berichtet Friedensdorf-Leitung Birgit Stifter.
Ausblick 2023
Die katastrophale Lage in Afghanistan wird uns auch in 2023 beschäftigen. Im März ist ein weiterer Charterflug nach Afghanistan geplant bei dem auch medizinische Hilfsgüter, warme Bekleidung und Fischkonserven ins Land am Hindukusch gebracht werden sollen. „Wir wollen, dass die Menschen die Not in Afghanistan nicht vergessen“, so Friedensdorf-Mitarbeiterin Claudia Peppmüller. Auch für die anderen Partnerländer wie Angola, Gambia, Tadschikistan oder den Irak sind Hilfsflüge geplant. Zudem möchten wir auch in 2023 mit unserer Projektarbeit die Lebenssituation und die Gesundheitsversorgung vor Ort weiter verbessern. Die traditionelle Bürger-Paketaktion für Tadschikistan wird aufgrund stark gestiegener Logistikkosten leider nicht stattfinden können, aber es wird wie in 2022 eine alternative Hilfsaktion geben. „Trotz aller Hindernisse werden wir die Menschen in unseren Partnerländern nicht im Stich lassen und weiter Wege finden Kindern eine gesunde Zukunft zu ermöglichen“, sagt Birgit Stifter.
Fotos: André Hirtz