Spendenkonto: IBAN: DE59 3655 0000 0000 1024 00

de en

Schwerpunkt: Angola

Hilfe für Kinder eines (fast) vergessenen Krisengebiets

In der Berichterstattung und der aktuellen Weltlage mangelt es nicht an Not. Trotzdem, oder gerade deshalb, ist es wichtig, die „stillen“ Krisengebiete nicht aus den Augen zu verlieren. „Stille“ Krisengebiete deshalb, da ihnen kaum mediale Präsenz und somit kein Platz im öffentlichen Bewusstsein eingeräumt wird. Laut des aktuellen Berichts „Breaking the Silence – Zehn humanitäre Krisen, die 2022 keine Schlagzeilen machten“ der Hilfsorganisation CARE liegt das Friedensdorf-Einsatzland Angola auf Platz 1 der vergessenen Krisenregionen.Von Januar bis Oktober 2022 thematisierten der Medienanalyse zufolge nicht einmal 2000 Online-Artikel weltweit die Notlage des Landes im Südwesten Afrikas. Dabei haben fast vier Millionen Angolaner*innen nicht genug zu essen und besonders der Süden des Landes leidet unter der schlimmsten Dürreperiode seit 40 Jahren. Etwa 114.000 Kinder unter fünf Jahren gelten als akut mangelernährt. Verunreinigtes Trinkwasser und eine unzureichende Immunisierung gegen Infektionskrankheiten verschlimmern die medizinische Situation der Kleinsten dramatisch. Die ohnehin angespannte Versorgungslage hat sich im Zuge des Ukraine-Krieges verschärft: Angola hat mit den höchsten Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln wie Getreide und Speiseöl zu kämpfen. Aufgrund der Dürre ist es gegenwertig schwierig, die Nahrungsmittelkrise durch die heimische Landwirtschaft aufzufangen. Viele kämpfen täglich um das Nötigste zum Leben. Gerade für die vielen mangelhaft versorgten Kinder eine katastrophale Situation.Wenngleich das öffentliche Bewusstsein für die Lage in Angola aktuell kaum vorhanden ist, hilft das Friedensdorf dort bereits seit 1994. Gemeinsam mit der Partnerorganisation „Kimbo Liombembwa“ sucht ein Hilfseinsatz-Team in regelmäßigem Turnus verletzte und kranke Kinder für eine medizinische Behandlung in Deutschland aus. Zudem werden mit dem Charterflug regelmäßig Hilfsgüter in das Land geflogen. Zuletzt war es im vergangenen Oktober möglich, 43 angolanische Kinder für eine medizinische Behandlung in Deutschland auszuwählen. Für viele Kinder war die Aussicht auf eine medizinische Versorgung bitter nötig. Ein Großteil von ihnen leidet unter urologischen Fehlbildungen oder schweren orthopädischen Fehlstellungen. Besonders Urethrastenose, eine Verengung der Harnröhre, ist unter den Kindern verbreitet. Dass sich dem Hilfseinsatz-Team in Luanda viele Kinder mit derartigen Fehlbildungen vorstellten, war für Friedensdorf-Mitarbeiterin Birgit Hellmuth nicht überraschend: „Die Versorgung urologischer Erkrankungen bei Kindern ist in Angola für die Ärmsten sehr schwer zu bekommen. Es gibt kaum medizinische Gerätschaften oder Materialien, erst recht nicht für kleine Kinder. Eltern und Familien kaufen benötigtes Material in privaten Krankenhäusern oder bitten Verwandte aus dem Ausland, es für sie zu besorgen.“ Aber auch Knochenentzündungen und Narbenkontrakturen nach Verbrennungen waren gängige Krankheitsbilder, die in Angola nicht immer behandelt werden können.

 
Zu den Kindervorstellungen kamen nicht nur Kinder aus Luanda, sondern auch aus den teils weit entfernten, ländlichen Provinzen angereist. „Bereits einige Monate bevor das Friedensdorf-Team in Luanda eintrifft, fahren wir in die Provinzen und treffen eine Vorauswahl an Kindern, die dringend auf eine medizinische Behandlung angewiesen sind“, erzählt Dr. Servelina, Kinderärztin und Generalsekretärin der Partnerorganisation. „Wir würden gerne viele Kinder hier in Angola behandeln lassen. Aber das ist leider nicht möglich. Gerade auf dem Land ist keine medizinische Infrastruktur gegeben. Wir können dort nichts tun.“ Aufgrund der fehlenden Versorgung in den ländlichen Gebieten müssen die Angolaner*innen weite Wege auf sich nehmen, um medizinisch versorgt zu werden. Zur Orientierung: Eine Fahrt aus dem Süden Angolas in die Hauptstadt Luanda kann, aufgrund der Straßenverhältnisse, beispielsweise bis zu 20 Stunden dauern.Mit dem 71. Hilfseinsatz des Friedensdorfes in Angola wurde deutlich, wie dringend notwendig die Hilfe im Land auch nach fast 30 Jahren noch ist. Und während es für 43 kleine Patient*innen möglich war, sich auf den Weg nach Deutschland zu begeben, konnten 42 Kinder genesen in ihre Heimat zurückkehren. Sie wurden herzlich von ihren Familien in Empfang genommen und können nun einer gesunden Zukunft entgegenblicken.Im Interview mit Edna von „Kimbo Liombembwa“

Im Februar freuten sich neun angolanische Kinder auf ihre Heimreise. Begleitet wurden sie von Edna, die seit vielen Jahren Mitarbeiterin unserer Partnerorganisation „Kimbo Liombembwa“ ist. Vor ihrer Abreise aus Oberhausen haben wir Edna im Friedensdorf zu einem ausführlichen Gespräch getroffen.

Wie lange arbeitest Du schon mit dem Friedensdorf zusammen?

Das Friedensdorf kenne ich schon seit Bürgerkriegszeiten. Damals habe ich noch für die Organisation AAD gearbeitet. Mit dieser hatte das Friedensdorf eine Kooperation, bis der mittlerweile leider schon verstorbene Dr. Rosalino Neto 2001 „Kimbo Liombembwa“ gegründet hat. Ich arbeite also schon 29 Jahre mit dem Friedensdorf zusammen.

Das angolanische Team in Luanda (v.l.n.r.): Ärztin Sandra, Logistiker Pedro José Francisco, Dr. Servelina, ehemaliger Friedensdorf-Schützling José Mauricio und Edna.

Wie ist die Situation in den Krankenhäusern in Angola? Warum ist die Möglichkeit einer medizinischen Behandlung im Ausland notwendig?Angola ist ein sehr reiches Land, aber der Reichtum gilt nur wenigen und das Gesundheitssystem in Angola ist sehr schlecht. Das hat vor allem historische Gründe. Angola hat Jahrzehnte unter Bürgerkrieg gelitten. Früher gab es nicht einmal die einfachsten Medikamente. Heute gibt es schon ein paar Grundmedikamente. Die Begleitpersonen in den Krankenhäusern dürfen nicht bei ihren Angehörigen schlafen und müssen außerhalb der Besucherzeiten draußen warten, essen und schlafen.Wie werden Kinder in Angola für die Mitnahme nach Deutschland ausgewählt?

Die Hilfe des Friedensdorfes ist in Angola seit fast drei Jahrzehnten bekannt. Es hat sich ein großes Netzwerk im Land entwickelt, das uns meldet, welche Kinder medizinische Hilfe brauchen. In den Provinzen setzen wir „Provinzvertreter*innen“ ein, die sich um den Transport in die Hauptstadt und zurück sowie um die Kommunikation mit den Eltern kümmern. Sie wissen ebenso wie wir in Luanda, dass Kinder mit bestimmten Erkrankungen leider abgelehnt werden müssen. Wir versuchen bereits im Vorfeld der Kindervorstellungen Familien beispielsweise mit geistig behinderten Kindern zu signalisieren, dass wir sie nicht für eine Behandlung mit nach Deutschland nehmen können. Letzten Endes entscheidet das Friedensdorf anhand der zur Verfügung stehenden Freibetten, welche Kinder mit nach Deutschland genommen werden können.

Ist es schwer für Dich, so viele kranke und verletzte Kinder zu sehen?

Ja, es ist sehr schwer. Manchmal möchte man weinen, manchmal schreien. Nicht alle Kinder können mit nach Deutschland genommen werden, krebs- und herzkranke Kinder zum Beispiel. Wenn ich die Kinder kennenlerne, die nicht mit nach Deutschland kommen können, muss ich mich oft zusammenreißen, nicht vor den Kindern oder den Eltern zu weinen.

Wie läuft die Rückkehr der Kinder nach Angola ab?

Wenn die Kinder aus Deutschland zurückkehren, sammeln sich alle Kinder aus Luanda in den Räumlichkeiten von „Kimbo Liombembwa“ und werden dort ihren Eltern übergeben. Sie erfahren abschließend alles Wichtige über die Behandlung ihrer Kinder und erhalten im Falle einer Weiterbehandlung alle nötigen Informationen. Die Kinder, die in einer der Provinzen wohnen, kommen für zwei Tage in ein Guesthouse. Dieses wird uns von der Hafen-Verwaltungsgesellschaft „Sogester“ in Luanda kostenlos zur Verfügung gestellt, um allen Kindern aus den Provinzen für die Zeit der Kindervorstellungen in der Hauptstadt eine Unterkunft bieten zu können. Dort erhalten sie auch drei warme Mahlzeiten am Tag und können auf dem Außengelände spielen. Im Anschluss an ihren Aufenthalt im Guesthouse werden die Kinder wieder in die Provinzen gefahren und dort ihren Eltern übergeben.

Hast Du noch Kontakt zu den Kindern, nachdem sie im Friedensdorf waren?

Es gibt weiterhin Kontakt zu den Kindern, die im Friedensdorf waren. Manche Kinder benötigen wie bereits erwähnt weiterhin noch Medikamente und holen sich diese bei uns ab. In Luanda gibt es eine Gruppe von ehemaligen Friedensdorf-Kindern, die sich regelmäßig treffen. Wir bitten die ehemaligen Schützlinge aus Luanda auch regelmäßig um Mithilfe, wenn uns das Friedensdorf aus Deutschland mit Hilfsgütern unterstützt.

Was würdest Du Dir für die Zukunft der Kinder Angolas wünschen?

Ich wünsche mir, dass die Schere zwischen Arm und Reich sich schließt. Ich wünsche mir bessere Bildungschancen und eine bessere Gesundheitsversorgung für alle Kinder.

Beitrag teilen

Newsletter anmelden

Registrieren Sie sich für unseren Newsletter und bleiben Sie regelmäßig über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden.