Es sind nicht die großen Worte, die berühren. Es sind die leisen Momente. Das stille Wiedersehen. Der Blick in ein Gesicht, das einst von Schmerz gezeichnet war – und heute Hoffnung ausstrahlt.
José Mauricio steht auf dem Gelände des Friedensdorfes in Oberhausen. An dem Ort, der ihm einst das Leben gerettet hat. Damals, vor 25 Jahren, kam er als kleiner Junge aus Angola. Schwer krank, vom Krieg gezeichnet, mit einer Knochenentzündung, die in seiner Heimat beinahe sein Bein – vielleicht sein Leben – gekostet hätte. Heute steht er hier, als starker Mann, als Begleiter kranker Kinder, als Vater. Und als Friedensbotschafter einer Verbindung, die stärker ist als Zeit und Entfernung.
Gemeinsam mit der Ärztin Sandra und der engagierten Edna von der angolanischen Partnerorganisation Kimbo Liombembwa hat er in den vergangenen Tagen Kinder nach Deutschland begleitet – Kinder, die wie er einst dringend medizinische Hilfe benötigen. Nun, auf dem Rückweg, dürfen zwei von ihnen gesund in ihre Heimat zurückkehren. Ein kleines Wunder. Ein neuer Anfang.
„Ich war zehn Jahre alt, als ich das erste Mal hierherkam“, sagt José leise. „Ich konnte nicht mehr laufen. Ohne das Friedensdorf hätte ich mein Bein verloren.“ Zwei lange Aufenthalte folgten – einer im sächsischen Dipoldswalde, einer in der Uniklinik Leipzig. Behandlungen, Operationen, Schmerzen. Aber auch Fürsorge, Wärme, Vertrauen. Und das unerschütterliche Gefühl, nicht allein zu sein.
Diese Erfahrung hat sich tief in ihn eingebrannt. Nicht nur körperlich – sondern im Herzen. Seit 16 Jahren begleitet er nun als Mitarbeiter der Organisation Kimbo Liombembwa kranke Kinder in der angolanischen Hauptstadt Luanda, manchmal auch nach Deutschland. Jedes einzelne Kind erinnert ihn an sich selbst. An den kleinen Jungen, der einst Angst hatte. „Heute weiß ich: Heilung ist mehr als Medizin. Es ist Mitgefühl. Es ist Zuhören. Es ist die Hand, die bleibt, wenn andere längst losgelassen haben“, sagt er.

Und die Verbindung reicht noch weiter: Auch seine Tochter, Rosalina Celine, war kürzlich zur Behandlung aufgrund einer schweren urologischen Behandlung im Friedensdorf. „Ich bin nicht nur ein ehemaliges Kind des Friedensdorfes“, sagt José mit Tränen in den Augen. „Ich bin ein Vater, dem man das Wertvollste im Leben zurückgegeben hat: die Gesundheit seiner Tochter.“
In Angola spricht er darüber. In Schulen, in Dörfern, in Krankenstationen. Er erzählt von Schmerz – aber auch von Hoffnung. Und von der Kraft der Menschlichkeit.
„Ich habe den Krieg gesehen“, sagt er. „Ich habe erlebt, was es heißt, wenn alles zerfällt. Aber ich durfte auch erleben, was es bedeutet, wenn jemand an dich glaubt. Ich wünsche mir, dass dieses Licht, das ich gefunden habe, noch viele Kinder erreicht. In Angola. In Afghanistan. In all den Ländern, in denen Kinder leiden.“
Der Moment, wenn Kinder gesund in ihre Heimat zurückkehren, ist schwer in Worte zu fassen. Es ist ein Abschied – und ein Aufbruch. Ein leiser Sieg gegen das Leid.
Und vielleicht ist es genau das, was das Friedensdorf ausmacht: Dass hier nicht nur Knochen heilen, sondern Lebenswege. Dass aus Fremden Freunde werden. Und aus Schmerz Hoffnung.
Ein kleiner Junge hat einst Hilfe gefunden. Heute schenkt dieser Mann sie weiter.
Ein Kreis der Hoffnung hat sich geschlossen. Und er beginnt, sich weiterzudrehen.
Vor wenigen Tagen sind 59 weitere Kinder aus Angola zur medizinischen Behandlung nach Oberhausen gekommen. Viele von ihnen tragen schwere gesundheitliche Schicksale mit sich, die in ihrer Heimat nicht behandelt werden können. Im Gegenzug konnten 25 Kinder, die in den vergangenen Monaten erfolgreich im Friedensdorf behandelt wurden, die Reise zurück in ihre Heimat antreten. Zurück zu ihren Familien, in ein neues Leben.
