Viele der Kinder, die mit ihren Eltern in die Sprechstunde der Kabuler Basisgesundheitsstation kommen, sind unterernährt.
Kinder haben ein Recht auf Ernährungssicherheit
Kabul Anfang Oktober 2023. Im Rahmen des 90. Hilfseinsatzes für Afghanistan besucht ein Team von Friedensdorf International eine Basisgesundheitsstation am Rande der Hauptstadt. Betrieben wird diese von der langjährigen Partnerorganisation des Friedensdorfes, dem Afghanischen Roten Halbmond. Hier werden monatlich etwa 350 Kinder im Alter von sechs Monaten bis zu fünf Jahren behandelt, die mit den Folgen mangelhafter Ernährung zu kämpfen haben. Davon bewegen sich zehn bis 15 Prozent an einer kritischen Grenze. Die Tendenz ist steigend. Es gibt nur noch sehr wenige Familien, die die Möglichkeit haben, ihren Kindern eine nährstoffreiche Ernährung zu bieten. Seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 liegt die Wirtschaft des Landes am Boden. Gemüse oder Obst können sich die meisten längst nicht mehr leisten. Wenn es etwas zu Essen gibt, dann vorrangig Bohnen, Reis, Kartoffeln oder Brot. Vitamine etwa, die so elementar wichtig für das gesunde Wachstum und für die Bildung von Abwehrkräften von Kindern sind, stehen nicht auf dem Speiseplan. Das Ernährungsprogramm in der Basisgesundheitsstation ist eine wichtige Hilfe für die oft stark unterernährten Kinder, doch sie währt leider nur kurzfristig. Sie hilft, zu überleben, aber nicht, um zu leben. Immerhin können die Mitarbeitenden der Gesundheitsstation mit Impfungen und Medikamenten helfen. Doch auch der Afghanische Rote Halbmond ist von Spenden abhängig.
Nahrung und Wasser: Mangelware
Ortswechsel: Kabul Innenstadt. Hier besuchte ein Friedensdorf-Team eine weitere Gesundheitsstation. Hier werden täglich 50 kleine Patienten und Patientinnen, die mangelernährt sind, versorgt. Auch hier das traurige Bild: Etliche unterernährte Kinder, Frauen und Männer. Fast die Hälfte der Patienten ist schwer unterernährt. Viele werden mit künstlicher Nahrung am Leben gehalten. Es werden auch Mütter unterstützt. Viele müssen dringend zu Kräften kommen, damit sie ihre Kinder stillen können. Einer der Ärzte beschreibt die prekäre Lage wie folgt: „Um 5 Uhr morgens stehen die Patienten schon Schlange, obwohl sie wissen, dass wir mit der Sprechstunde erst um 9 Uhr beginnen. Sie kommen aus allen Stadtteilen Kabuls, weil sie wissen, dass sie hier kostenlos behandelt werden können. Für Alternativen fehlt ihnen das Geld. Die Lage wird täglich schlimmer – der Hunger wird täglich schlimmer.“ Zu der Ernährungsunsicherheit kommt mittlerweile die mangelnde Versorgung mit Wasser. Die meisten Brunnen sind ausgetrocknet. Die Qualität des Wassers, das verfügbar ist, ist vielerorts bedenklich. Auch die Gesundheitsstationen haben ein Problem mit der Wasserversorgung. Wasser muss zugekauft werden, sonst wäre keine medizinische Versorgung der Menschen möglich. „Wenn schon die Situation in der Hauptstadt des Landes so katastrophal ist, wie muss es dann erst in den Provinzen aussehen?“, fragt sich Friedensdorf-Mitarbeiterin Claudia Peppmüller, die die Basisgesundheitsstationen in Kabul mit besucht hat. Zur ohnehin prekären Situation kommen die Auswirkungen von Ernteausfällen und Naturkatastrophen wie Erdbeben – zuletzt erschütterten mehrere, schwere Beben die westafghanische Provinz Herat – Dürre und Sturzfluten sind in ganz Afghanistan längst zu spüren.
Doch auch in den anderen Partnerländern des Friedensdorfes werden die Auswirkungen von Krieg und (Klima-)Krisen immer massiver; sei es in Tadschikistan, Kambodscha oder im Irak. Hier hatte das Friedensdorf in diesem und im letzten Jahr Kinder und ihre bedürftigen Familien mit Lebensmitteln unterstützt. Denn der Hilfsorganisation ist bewusst: Gerade kranke und verletzte Kinder benötigen warme, ausgewogene Mahlzeiten. Daher plant Friedensdorf International auch zukünftig, auf die Not der Menschen zu reagieren und neben der wichtigen Einzelfallhilfe mit Grundnahrungsmitteln zu helfen.