Es sind Szenen, die selbst erfahrene Mitarbeiter des Friedensdorfes tief berühren. Eindrücke, die schwer zu verarbeiten sind, und doch sind sie bittere Realität für viele Familien in Tadschikistan. Auch in diesem Jahr organisierte der tadschikische Partner „Dechkadai Sulh Derewnja Mira“ die Winterhilfe vor Ort. Mehl, Öl, Nudeln, Tee, Zucker, Reis – die Grundnahrungsmittel des täglichen Lebens – wurden vom Friedensdorf finanziert, um den Familien durch die kalte Jahreszeit zu helfen. Claudia Peppmüller, langjährige Mitarbeiterin des Friedensdorfes, begleitete die Verteilung im September. Gemeinsam mit dem Netzwerk der Partnerorganisation wurden und werden rund 1500 Hilfspakete in verschiedenen Regionen verteilt: in Duschanbe, Dschilikul, Qubodijon, Jaihun, Kurgan-Tjube, Turson-Soda sowie im abgelegenen Bergdorf Karatok.
Staatliche Hilfe existiert fast nicht
Doch es sind nicht nur Zahlen und Statistiken, die hinter dieser Hilfe stehen. Es sind Geschichten von Menschen, die in schier unüberwindbaren Lebensumständen gefangen sind. Wie die der Geschwister Mahvirat, Sulola und Abubak, die von Geburt an körperlich und geistig behindert sind. Ihre alleinerziehende Mutter ist auf sich allein gestellt, in einem Land, in dem staatliche Hilfe fast nicht existiert. „Der tägliche Kampf ums Überleben – für diese Familien ist er eine überwältigende Bürde“, sagt Peppmüller. Ohne die Unterstützung des Friedensdorfes würden sie noch tiefer in die Verzweiflung stürzen. Für Menschen wie Mahvirat, Sulola und ihre Mutter sind es nicht nur Lebensmittel, sie sind ein Lichtblick. Sie bieten die Möglichkeit, das wenige Geld, das die Familie hat, für dringend benötigte Medikamente auszugeben. “In Tadschikistan erhält nur der eine medizinische Behandlung, der dafür bezahlen kann“, erklärt Friedensdorf-Leiterin Birgit Stifter.
Besonders berührend war das Erlebnis in Kurgan-Tjube, wo die Hilfe besonders greifbar wurde. „Wenn sich Menschen aus Deutschland auf den Weg machen, um meinen Kindern und mir hier zu helfen, dann kann ich mich selber nicht hängen lassen. Im Gegenteil: Ich muss selber daran mitwirken, dass sich meine Situation verbessert“, sagt Aziza, Mutter von zwei schwerstbehinderten Kindern, die erstmals in 2022 die Grundnahrungsmittel erhielt. Ihre neu gewonnene Stärke hat es ihr ermöglicht, einen neuen Mann zu finden. Zusammen haben sie ein gesundes Mädchen bekommen – ein Lichtblick in ihrem schweren Alltag.
“Dass sie nur ein Wort mit mir sprechen könnte”
In Karatok kam es zu einem besonders emotionalen Moment. Zarina, die Mutter eines körperlich und geistig schwerstbehinderten 13-jährigen Mädchens wurde gefragt, was sie sich am meisten wünscht. Ihre Antwort: „Dass sie nur ein Wort mit mir sprechen könnte.“ Solche bescheidenen Wünsche offenbaren das Ausmaß des Leids und der Hingabe der Mütter, die Tag und Nacht für ihre Kinder da sind, ohne ein eigenes Leben führen zu können. Umso wichtiger ist es, dass neben der Lebensmittelhilfe auch medizinische und physiotherapeutische Unterstützung geleistet wird. Die Partnerorganisation des Friedensdorfes in Tadschikistan gehen oft über ihre eigenen Grenzen, um den Familien zu helfen, ihre Lebensumstände zumindest ein wenig zu verbessern.
Auch freudige Momente gehören zu diesen bewegenden Begegnungen. Drei Kinder, die zur medizinischen Behandlung in Deutschland waren, konnten nach erfolgreicher Behandlung in ihre Heimat zurückkehren. Gemeinsam mit den Friedensdorf-Mitarbeitern traten sie die Reise an, um endlich wieder in die Arme ihrer Familien geschlossen zu werden. Solche Geschichten zeigen, wie wertvoll die Arbeit des Friedensdorfes ist – nicht nur in Form von materieller Hilfe, sondern auch durch eine notwendige medizinische Versorgung in Deutschland.
Seit 2007 unterstützt das Friedensdorf mit seiner Paketaktion die Ärmsten der Armen in Tadschikistan, allerdings werden die Lebensmittel seit drei Jahren vor Ort gekauft und verteilt. Für viele Familien eine große Hilfe, über den Winter zu kommen. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Rund 80 Prozent der Bevölkerung haben keine feste Arbeit, das monatliche Grundeinkommen liegt bei gerade einmal 45 Euro. In den ländlichen Regionen, wo die meisten Tadschiken leben, ist der Alltag noch härter.
Viele Väter verlassen die Familien
Besonders betroffen sind Familien mit behinderten Kindern. Die schwierigen Lebensbedingungen und eine unzureichende medizinische Versorgung führen zu einer alarmierend hohen Zahl von körperlich behinderten Kindern. Viele Väter verlassen ihre Familien, sobald ein behindertes Kind geboren wird, und lassen die Frauen allein zurück – allein mit der Verantwortung, allein mit der Sorge. „Gerade diese Frauen hier brauchen diese Hilfe so dringend“, bestätigt Safar Yorov, Partner des Friedensdorfes in Tadschikistan.
Birgit Stifter betont, wie wichtig diese Hilfe bleibt, trotz sich verändernder Rahmenbedingungen. „Es ist eine Herzensangelegenheit. Wir können und wollen diese Kinder nicht im Stich lassen.“
Das Leid dieser Menschen ist kaum vorstellbar, aber dank der Unterstützung des Friedensdorfes und seiner Partnerorganisationen gibt es zumindest einen kleinen Hoffnungsschimmer in der Dunkelheit des harten tadschikischen Winters.
Wer das Friedensdorf-Team beim Hilfseinsatz in Tadschikistan unterstützen möchte, kann dies unter folgendem Spendenkonto tun:
Stadtsparkasse Oberhausen
IBAN: DE 59 3655 0000 0000 1024 00
SWIFT-BIC: WELADED 1OBH
Stichwort: Tadschikistan