Berichte von Ehrenamtlern
Franz Rudolf Steffen – Schermbeck
Wie kamen Sie ins Friedensdorf?
Ich bin gelernter Orthopädie-Schuhtechniker, war 29 Jahre selbständig in Oberhausen in diesem Beruf tätig und führte als Meister ein Orthopädie-Schuhfachgeschäft in zweiter Generation. Anfang 2019 habe ich meine Firma an einen Nachfolger übergeben.
Den ersten Kontakt zum Friedensdorf hatte ich bereits Ende der 80er Jahre, als ein Chefarzt des Marienhospitals in Oberhausen uns damals gefragt hat, ob wir uns vorstellen könnten, die Nachversorgung eines kriegsverletzten Kindes kostenneutral mit einem orthopädischen Hilfsmittel durchzuführen. Dieser erste Kontakt mit einem Friedensdorf-Kind hat mich damals stark geprägt und seit dieser Zeit stand ich mehr oder weniger über die Jahre in ständigem Kontakt mit der Reha-Abteilung des Friedensdorfes. Wir führten bei Bedarf entsprechende Versorgungen für die Kinder im Bereich der Orthopädieschuhtechnik mit Maßschuhen, Einlagen und Schuhkorrekturen durch.
Seit 2012 organisiere ich ebenfalls mit unserem Ruhrpott-Stammtisch der BMW Z3 Freunde jährlich eine kleine Rundfahrt mit den Kids in unseren Cabrios. Von dieser Gemeinschaft werden auch entsprechende Spendenaktionen, beispielsweise durch den Verkauf von Ersatzteilen, für das Friedensdorf durchgeführt. Leider musste diese Aktion aufgrund der Corona-Pandemie im letzten Jahr ausfallen und wird dieses Jahr wohl auch nicht stattfinden können.
Mir war also die Arbeit rund um das Friedensdorf seit Jahren aus verschiedenen Blickwinkeln bekannt und ich hatte schon mehrmals an entsprechenden Rundgängen durch das Dorf und Besichtigungen der einzelnen Abteilungen teilgenommen. Ebenfalls war ich mit meiner Frau des Öfteren auf den Dorffesten und Adventbasaren.
Da ich die Aufgabe meiner Selbständigkeit schon sehr früh geplant habe, stellte sich mir natürlich auch die Frage, was ich mit 56 Jahren und der neu gewonnenen Freizeit anfangen sollte. Ich hatte immer noch viel Spaß an meiner eigentlichen Arbeit und den Umgang mit Menschen, denen ich dadurch vielleicht etwas helfen kann. Ich wollte aber keine Verantwortung mehr für die Leitung einer Firma und den damit verbundenen verwaltungstechnischen und monetären Zwängen.
Durch die guten Kontakte, die ich über die Jahre zu einigen Mitarbeiter*innen des Friedensdorfes aufbauen konnte, lag es somit für mich nahe, mich dort für ein Ehrenamt zu bewerben. Ich habe mich dann sofort im Januar 2019 zu einem Ehrenamt-Seminar angemeldet und bereits im Februar mit meiner Tätigkeit in der Reha und beim Fahrdienst begonnen. Somit unterstützte ich neben meinem Ehrenamt in der Reha bei Bedarf den Fahrdienst mit Fahrten zu Krankenhäusern oder Arztpraxen. Seit kurzem habe ich sogar die Möglichkeit bekommen, mich wieder beruflich und handwerklich zu engagieren, da eine Oberhausener Firma mir unentgeltlich ihre Werkstatträume zur Verfügung stellt und ich dort nun auch wieder orthopädieschuhtechnische Arbeiten zur Versorgung der Kinder ausführen kann.
Was ist Ihre Motivation für ein Ehrenamt?
Schon während meiner beruflichen Tätigkeit, hatte ich jahrelang ein Ehrenamt an der HWK in Düsseldorf inne. Damals fehlte mir aber einfach die Zeit dazu, mich neben meinem Full-Time-Job intensiver darum zu kümmern.
Ich finde die ehrenamtliche Tätigkeit hat mir sehr dazu verholfen, etwas über den Tellerrand hinaus zu schauen und mehr Verständnis für die Bedürfnisse anderer Menschen und Lebensumstände zu bekommen. Gleichzeitig wird man dadurch wieder geerdet und sieht seine eigenen kleinen Probleme des Alltags aus einem ganz anderen Blickwinkel. Nach meinem Ehrenamt gehe ich immer mit einem guten, zufriedenen Gefühl nach Hause und als Belohnung bekommt man von den Kindern auch oft ein dankbares Lächeln, das mehr Wert ist als das Geld, das man früher für seine Arbeit bekommen hat.
Welche Momente haben Sie besonders berührt?
Es gab während meiner bisherigen Tätigkeit viele kleine Momente mit den Kindern, die mich sehr berührt haben. Zum Beispiel als ein Mädchen mit starken Verbrennungen im Gesicht mich aus vollem Herzen angelächelt hat. Oder ein Junge, der auf seinen eigenen Beinen nicht stehen und gehen konnte und auf dem Po durch das Wartezimmer in der Reha robbte, in freudiger Erwartung, dass er ein Spiel aus dem Schrank bekommen würde.
Am meisten bleibt mir aber immer noch mein damaliger Erstkontakt in Erinnerung. Denn dieses Lächeln des Jungen, der nach seinem traumatischen Fersenverlust das erste Mal mit einer Orthese wieder auf beiden Beinen stehen und gehen konnte, werde ich nie vergessen.
Was wünschen Sie dem Friedensdorf?
Es wäre zwar schön, wenn die Infrastruktur und medizinische Versorgung in den Heimatländern der Kinder schnell verbessert würde und keine Hilfe mehr notwendig wäre, aber dies ist und bleibt wohl ein Wunschtraum. Deshalb hoffe ich, dass es immer genügend hilfsbereite Menschen geben wird, die die Arbeit des Friedendorfes weiterhin unterstützen. Frei nach dem Zitat von Mahatma Gandhi: „Wenn wir wahren Frieden in der Welt erlangen wollen, müssen wir bei den Kindern anfangen“