Rukhshona aus Tadschikistan und Uwe Henisch im Medizin-Zentrum
Uwe Henisch – Dülmen
Wie kamen Sie ins Friedensdorf?
Ich habe 30 Jahre als Fachkrankenpfleger in der Anästhesie gearbeitet. 2002 war ich zum ersten Mal mit der Hilfsorganisation Deviemed in Vietnam, wo das Friedensdorf ja auch intensiv tätig war. In Hue haben wir Kinder mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten operiert. Das war meine erste Berührung mit einer Hilfsorganisation. Später war ich auch in Peru und Indonesien und habe dort im medizinisch-pflegerischen Bereich geholfen. Vom Friedensdorf hatte ich schon öfters gehört und mich dafür interessiert, hatte aber nie Kontakt aufgenommen. Vor einem Jahr habe ich dann vom Medizin-Zentrum gelesen, das das Friedensdorf in Oberhausen gebaut hat und wo seitdem kleinere Eingriffe durchgeführt werden. Das war mein Anknüpfungspunkt. Ich habe mich sofort gemeldet und angeboten, zweimal im Monat das Team zu unterstützen.
Was ist Ihre Motivation für ein Ehrenamt im Friedensdorf?
Ich finde, es ist wichtig, dass man hilft, wo man kann. Seit fünf Jahren arbeite ich nicht mehr in einer Klinik, sondern bin als Berater für Beatmungsprodukte tätig. Da ich diese Tätigkeit im Außendienst durchführe, komme ich mit vielen Menschen in Kontakt. Das kann ich gut nutzen, um Werbung für das Friedensdorf zu machen. Gleichzeitig freue ich mich, im Medizin-Zentrum auch wieder meine ursprüngliche Profession ausüben zu können und direkten Kontakt zu Patienten, in diesem Fall zu den Kindern, zu haben. Besonders die Zeit im Aufwachraum gefällt mir gut. Hier kann ich auch meine Qualifikation zur „Pain Nurse“ nutzen. Ich mache gerne Quatsch mit den Kindern und verpuste beispielsweise Seifenblasen. Das lenkt die Kinder von ihren Schmerzen oder Sorgen ab.
Welche Momente haben Sie besonders berührt?
Ich habe einmal im Aufwachraum miterlebt, wie zwei angolanische Jungs – einer davon mit amputiertem Bein und auch der zweite sichtbar verletzt – ihren Freund kurz nach seiner OP besucht und getröstet haben. In dieser Situation habe ich den Mund nicht wieder zu gekriegt. Es war sehr bewegend. Wenn ich mir bewusst mache, dass Eltern ihre Kinder für mehrere Monate in fremde Hände geben, weil es für sie die einzige Chance ist, medizinische Hilfe für ihre Söhne und Töchter zu bekommen, denke ich nur: Wahnsinn!
Besonders vor diesem Hintergrund bin ich sehr froh, dass ich bisher nie erleben musste, dass wir in Vietnam, Peru oder Indonesien ein Kind verloren haben. Hierfür bin ich sehr dankbar. Gleiches wünsche ich dem Friedensdorf und allen Tätigen im Medizin-Zentrum. In meinen Auslandseinsätzen gab es viele bewegende Momente. Einmal mussten wir dort einen Großvater mit seinem Enkelsohn wieder wegschicken. Die beiden waren 500 km angereist, aber der Junge hatte einen Infekt der oberen Atemwege und eine Narkose wäre zu riskant gewesen. Deswegen konnte die OP nicht stattfinden. Das war bitter.
Was wünschen Sie dem Friedensdorf für die Zukunft?
Ich komme von den Hilfsorganisationen einfach nicht los. Meine Erfahrungen im Ausland haben etwas mit mir gemacht und ich habe gesehen, dass es so viel zu tun gibt. Mir ist klar, dass man nicht die ganze Welt retten kann, aber jeder kann wenigstens etwas tun, ganz nach seinen Möglichkeiten.
Ich wünsche dem Friedensdorf, dass es noch bekannter wird, vor allem über die Grenzen des Ruhrgebiets hinaus. Hier in der näheren Umgebung kennen es die meisten, aber zum Beispiel in Norddeutschland ist es weniger präsent. Das habe ich im Rahmen meiner Außendiensttätigkeit gemerkt. Und ich arbeite mit daran, das zu ändern.
Es wäre zudem toll, wenn im Medizin-Zentrum zukünftig noch mehr und regelmäßiger operiert werden würde. Im Moment steckt es ja mehr oder weniger noch in den Kinderschuhen. Dafür muss das Team aber noch etwas wachsen, um dann beispielsweise auch die umfangreichere Nachsorge gewährleisten zu können. Es dürfen allerdings auch nicht zu viele Personen sein. Man braucht ein gut eingespieltes Team, mit dem man planen kann. Ich bin gespannt, wie sich das Medizin-Zentrum weiter entwickeln wird und freue mich, daran mitwirken zu können.