Odete Vinhas-Gutbier – Flieden, Hessen
Wie kamen Sie ins Friedensdorf?
Durch eine Fernsehsendung im Jahr 1995 hörte ich zum ersten Mal vom Friedensdorf in Oberhausen. Dort wurde berichtet, dass Dolmetscher*innen für angolanische Kinder gesucht würden. Zu dem Zeitpunkt war ich schon Krankenschwester und befand mich gerade in der Ausbildung zur Kinderkrankenschwester.
Daraufhin schrieb ich den damaligen Friedensdorf-Leiter Ronald Gegenfurtner an und bot meine Hilfe an, da ich aus Portugal komme und fließend portugiesisch spreche. Sein Antwortschreiben habe ich bis heute behalten. Noch bevor ich als Dolmetscherin für das Friedensdorf tätig werden konnte, traf ich in der Kinderklinik in Herne, indem ich meinen Außeneinsatz in der Kinderchirurgie machen sollte, auf zwei afghanische Mädchen aus dem Friedensdorf. Damit startete meine Hilfe, zwar nicht als Dolmetscherin, sondern als Betreuerin für eines der Mädchen während ihres stationären Aufenthalts in Herne.
Seither betreue ich regelmäßig angolanische Kinder im Krankenhaus in Schlüchtern. Dazu kamen noch zwei Kliniken in Fulda und eine in Hünfeld. In den letzten zehn Jahren konnte ich dort, aus zeitlichen Gründen, leider nur noch als Dolmetscherin fungieren. Lediglich in der Klinik in Schlüchtern, nehme ich noch beide Funktionen war – und das seit nunmehr 25 Jahren. Leider war pandemiebedingt seit zwei Jahren kein Kind mehr im Krankenhaus.
Was ist Ihre Motivation für ein Ehrenamt im Friedensdorf?
Ganz eindeutig die Kinder! Sie sind unschuldige Opfer der Kriege und Krisen dieser Welt, die durch Erwachsene verursacht werden.
Gerade mit den angolanischen Kindern verbindet mich durch die gemeinsame Sprache immer sehr viel. Angola war mir durch die Erzählungen meines Vaters, der dort zu Kolonialzeiten 18 Monate seinen Militärdienst absolvieren musste, immer sehr vertraut.
Es ist mir sehr wichtig, den Kindern die Zeit fernab ihrer Familien so angenehm wie möglich zu gestalten, sie bei Heimweh zu trösten, ihnen bei Schmerzen beizustehen und ihnen zu zeigen, dass es möglich ist, in Frieden zu leben – Egal welcher Hautfarbe oder Religion.
Welche Momente haben Sie besonders berührt?
Natürlich entstanden in den Jahren viele schöne Erinnerungen, wie zum Beispiel die Freude der Kinder, wenn ich Ihnen etwas Selbstgekochtes mit ins Krankenhaus brachte oder die Wiedersehensfreude bei den Kindern, wenn sie zu einer weiteren Operation oder Diagnostik aus Angola wiederkommen. Mich berühren auch die Momente, wenn ich die Fotos von der Übergabe an die Eltern bekomme und ich dann die Menschen sehen kann, von denen die Kinder mir so viel erzählt haben.
Was wünschen Sie dem Friedensdorf für die Zukunft?
Ich wünsche dem Friedensdorf, dass es immer Menschen findet, die es unterstützen und dass es immer ausreichend freie Krankenhausbetten für die Kinder gibt. Mein größter Wunsch ist, dass so eine Organisation wie das Friedensdorf überflüssig wird! Bis dahin wünsche ich mir, dass sich die Corona-Lage verbessert und wieder mehr Kinder zu einer medizinischen Behandlung nach Deutschland kommen können.